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Aliso war der letzte Römerstützpunkt in Germania Magna

Aliso war der letzte Römerstützpunkt in Germania Magna nach der Varusschlacht. Jetzt steht ein Teil der Lagermauern wieder.

Anstatt wie vor 2000 Jahren vom Legionslager Vetera mit einem Versorgungs- oder Patrouillenboot die Lippe herauf nach Aliso zu rudern, reise ich von einer Tagung in Neuss per Straßenbahn, Zug und Bus an. Das ist weniger schweißtreibend und bald stehe ich vor dem wiedererrichteten Teilstück der Holz-Erde-Mauer des einstiegen Römerlagers Aliso. Hinter dem Doppelspitzgraben zieht sich die Mauer 156 Meter lang durch den archäologischen Park hinter dem Museum. Die Wachtürme sind 8m hoch und sehen ganz eindrucksvoll aus. Es gilt inzwischen als weitgehend gesichert, dass der römische Militärkomplex in Haltern tatsächlich das in der antiken Literatur beschriebene Aliso ist und damit auch der letzte Stützpunkt, den die Römer nach der Niederlage in der Varusschlacht im Jahr 9 noch gehalten haben. Im folgenden Winter belagerten die Germanen Aliso. Die römischen Legionäre hielten stand und konnten sich den Weg über den Rhein freikämpfen. Im Jahr 16 wurde das Lager wohl endgültig aufgegeben.

Über dem Westtor gibt eine Inschrift Auskunft über den Bauherren: Imperator Cäsar Augustus, Sohn des Vergöttlichten, Oberster Priester, Konsul zum 11. Mal, Inhaber der Tribunizischen Gewalt zum 17. Mal, Imperator zum 14. Mal, ließ (dieses Militärlager 7 v. Chr.) durch die 19. Legion errichten. Wiederhergestellt 2016. Naja, zumindest zum Teil. Ganz schön ist es geworden mit dem von Wind und Wetter ergrauten Holz. Die 19. Legion ging mit zwei anderen Legionen in der Varusschlacht unter. Immerhin konnte Germanicus einige Jahre später ihren Legionsadler bei seinem Feldzug gegen die aufständischen Germanen wiedergewinnen.

Auf einem Turm sind zwei Ferngläser montiert, die ein bisschen wie Überwachungskameras aussehen. Sie sind weder das eine noch das anderen. Sie ermöglichen einen Blick in die Vergangenheit und zeigen Szenen aus dem Lagervorfeld vor 2000 Jahren. Man sieht marschierende Legionäre, im Hintergrund steigt Rauch auf und eine Menschenmenge versammelt sich zum Begräbnis an der Gräberstraße.

Durch zwei Torflügel, die jeweils 500 Kilogramm wiegen, gelangt man in das Militärlager. Früher ging man dann über Haupt- und Nebenstraßen zum Stabsgebäude im Zentrum der Kaserne, vorbei an Mannschaftsbaracken und Getreidespeichern, Ställen und Werkstätten, Lagerräumen und Latrinen. Heute ist die Römerwelt gleich hinter dem Lagertor zu Ende. Das soll sich demnächst ändern. Im zweiten Bauabschnitt ab 2018 sollen noch ein Kasernengebäude und eine Offiziersunterkunft entstehen. Ich bin gespannt. Im baden-württembergischen Reiterkastell Aalen hat man einen Teil einer Mannschaftsbaracke rekonstruiert und in Pohl in Rheinland-Pfalz ein komplettes Kleinkastell.

Für mich geht es wieder zurück nach Berlin. Hätten die Römer das Lager in Haltern wie geplant ausgebaut, wer weiß, dann läge Berlin heute nicht an der Spree sondern an der Lippe, hat LWL-Direktor Matthias Löb in einem Interview gesagt. Tja, wer weiß wie die Geschichte verlaufen wäre.

Während des Bau des archäologischen Parks Aliso war ich 2016 schon mal kurz hier und habe ein paar Fotos durch den Bauzaun geschossen. Nicht weniger schön ist übrigens der modern interpretierte Wiederaufbau des Römerkastells Hoge Woerd bei Utrecht geworden.

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