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Neues Museum Berlin

Die Römer sind zwar nicht bis Berlin gekommen, das Erbe der Antike findet sich im Spree-Athen aber an vielen Orten. Auch im Haus Neues Museum auf der Museumsinsel, einem Unesco-Weltkulturerbe.

Das zwischen 1843 und 1855 errichtete Neue Museum gilt als Hauptwerk des Architekten und Schinkel-Schülers Friedrich August Stüler. Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Bauwerk schwere Zerstörungen. Erst im Jahr 2009 wurde das Haus nach sechs Jahren Restaurierung durch das Büro des britischen Architekten David Chipperfield wieder eröffnet. Das Neue Museum beherbergt jetzt u.a. das Ägyptische Museum mit der Büste der Nofretete sowie Teile der Antikensammlung.

Im Südkuppelsaal ist eine weibliche Kolossalstatue ausgestellt, die in Mittelägypten zusammen mit der Kolossalstatue eines Helios gefunden wurde. Beide Statuen sollen aus den “Ruinen eines Tempels bei Lykopolis”, dem heutigen Asyut, stammen. Die gefundene Inschrift lautet “Dem Zeus Helios, dem großen Sarapis, und den im selben Tempel verehrten Göttern hat …, der Gymnasiarch, geweiht zu gutem Glück. Im Jahre … des Antoninus, im Monat …, am 14.”. Zwar fehlen die genauen Zeitangaben, doch kann man die durch die Amtszeit des genannten römischen Kaisers eingrenzen. Antoninus Pius herrschte von 138-161 nach Christus. In der auf der Plinthe angebrachten Inschrift ist der Name der Göttin nicht genannt. Da sowohl ihr Kopf (modern ergänzt) und die beiden Arme weitgehend fehlen, sind auch keine eindeutigen Attribute zu einer näheren Spezifizierung vorhanden. Vielleicht stellte die Kolossalstatue Isis-Fortuna dar.

Der ausgestellte Torso einer Panzerstatue eines römischen Kaisers stammt auch aus dem zweiten Jahrhundert und wurde im Theater von Milet in der römischen Provinz Asia gefunden. Das Tagebuch der Grabung aus den Jahren 1902/1903 verzeichnet den Eintrag: “Vor der Treppe in der östlichen Parodoswand, welche noch ihre byzantinische Vermauerung aus antiken Werkstücken, Inschriften etc. trägt, wird ein prächtiger Colossaltorso einer römischen Panzerfigur gefunden. Der Panzer ist mit zwei wappenartig gegeneinanderstehenden Greifen dekoriert, schöne gelbe Patina”. Über dem Torso einer anderen Panzerstatue aus den Faustinathermen in Milet steht in einer Nische im Römischen Saal ein Knabentogatus mit Bulla. Die Statue stellt etwa lebensgroß einen römischen Knaben patrizischen Ranges dar, der die mit einem Purpurstreifen gesäumte Toga und das goldene Amulett um den Hals trägt, Symbole des freien Knaben-Bürgers.

Unweit davon ist ein Relief mit der Darstellung eines römischen Legionärs ausgestellt. Es stammt vom einem Ehrenbogen für Kaiser Trajan aus Pozzuoli am Golf von Neapel. Mit der rechten Hand stützt sich der Soldat auf eine Lanze, unter den linken Arm hat er einen kleinen Rundschild geklemmt. Er trägt eine kurze gegürtete Tunika und darüber die Paenula, einen knielangen Mantel. An der rechten Körperseite hängt das Gladius in einer rankenverzierten Scheide. Ein Relief im Museum der Universität von Philadelphia schließt an die linke Nebenseite des Berliner Reliefs an. Es zeigt einen weiteren Legionär in fast identischer Haltung und daneben einen Soldat im Hintergrund, der, auf dem Marsch dargestellt, sein Scutum auf dem Rücken trägt. Der Schild ist mit üppigen Ranken verziert, zwischen denen ein Skorpion zu erkennen ist. Einige Fachleute annehmen daher an, das es sich bei den dargestellten Soldaten um Prätorianer handelt.

Das Neue Museum punktet nicht nur mit seinen Statuen und Büsten, auch die Räume und Hallen beeindrucken. Auf der Ebene 0 liegt der sogenannte Griechische Hof. Ihn schmückt ein 65m langer umlaufender Fries, der hoch oben drei der vier Wände überspannt: Hermann Schievelbeins Darstellung des Untergangs von Pompeji. Der Saal selbst wirkt durch seine kargen Ziegelwänden mit vermauerten Fenstern, Putzresten und Löchern von Granatsplittern aus dem 2 Weltkrieg. Im Ägyptischen Hof fällt der Blick auf die bauzeitlichen Wandbilder von Edfu, Philae, Abu Simbel und Karnak. Das Thema des Saales, die „Reise ins Jenseits“ wird ergänzt durch große altägyptische, römisch-kaiserzeitliche, spätantike, frühchristliche und byzantinische Sarkophage. Die auf den Objekten dargestellten Reliefs zeigen in ihren Bildern eine vielschichtige Vorstellungswelt von Jenseits und Ewigkeit.

Auch wenn von der einstigen Pracht der Treppenhalle nichts mehr übrig geblieben ist: Die schiere Größe des Raumes, seine fast schon monumentalen Ziegelwände und die moderne Treppenanlage sind beeindruckend. Die Kriegszerstörung des Treppenhauses überdauert haben die vier ionischen Kolossalsäulen. An beiden Seiten der Halle hängen Gipsabgüsse von Friesplatten aus dem Athener Parthenon und dem Hephaistos Tempel. Die neue Treppe hat Chipperfield dekorlos und aus Beton entlang der historischen Konturen angelegt. Besonders darüber haben Anhänger der lückenlosen Rekonstruktion gegiftet und gegeifert, schrieb Dieter Bartetzko in der FAZ.

Der Baccussaal in der 2. Etage mit seiner an pompejanische Wandmalereien angelehnten Ausgestaltung beherbergt eine 2000 Jahre alte Bronzestatue, die einst wohl ein reich ausgestattetes Triclinium in einer römischen Villa in oder bei der Colonia Ulpia Traiana geziert haben muss. Die Statue, der sogenannte Xantener Knabe, hielt ursprünglich ein großes Tablett in der einen Hand, auf dem er Speisen und Getränke servierte. Ein Art stummer Diener. Entdeckt wurde die Bronze 1858 durch Fischer im Ufergelände des Rheins.

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Neues Museum, Berlin

Die Museen auf der Berliner Museumsinsel: Altes Museum, Neues Museum, Alte Nationalgalerie, Bode-Museum, Pergamonmuseum, Pergamonmuseum – Das Panorama (2017-2024), Kolonnadenhof (öffentlicher Garten) und James-Simon-Galerie (zukünftiges Besucherzentrum).

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Werbebanner mit der ägyptischen Königin Nofretete. Ihre Büste wird im Neuen Museum ausgestellt. Leider darf sie nicht mehr fotografiert werden.
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