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Laufen im Lockdown und wandern am Wall

Im Homeoffice bleibt man gesund, aber nicht fit. Seit November letzten Jahres laufe ich daher ab und zu eine Runde. Zur Steigerung der Motivation mache ich seit Jahresbeginn bei der Hadrians Wall Virtual Challenge mit. Mein Erfahrungsbericht.

Vor einigen Jahren war ich am Hadrianswall wandern und als ich jetzt diese Tour als virtuellen Lauf zufällig beim Googeln entdeckt habe, habe ich mich spontan entschlossen, mitzumachen. Virtuelle Läufe sind wohl nichts Neues, ich kannte es aber nicht. So funktioniert es: Online die Challenge buchen, einen Account anlegen und die Conqueror-App herunterladen. In den Einstellungen auswählen, wie die real gelaufenen Kilometer auf die virtuelle Strecke übertragen werden sollen. Bei mir ging das über die IOS Health-App und meine Apple Watch. Auch andere Apps und manuelle Möglichkeiten stehen zur Auswahl.

Mein virtueller Lauf startete am 9. Januar 2021. Allerdings nicht bei Arbeia, der römischen Nachschubbasis für die Garnisonen des Hadrianswalls an der Mündung des Flusses Tyne in die Nordsee, sondern bei der heutigen Stadt Wallsend im Norden Englands, dem antiken Kastell Segedunum. Meine realen Kilometer habe ich zwei- bis dreimal wöchentlich auf abendlichen Laufrunden gesammelt. Meine Tour 1 verläuft vom Spreebogenpark beim Deutschen Bundestag bis zum Schloss Bellevue und auf der anderen Spreeseite wieder zurück. Die Tour 2 fängt beim Monbijoupark an der Museumsinsel an und verläuft entlang der Spree bis zum Berliner Schloss und auf der anderen Spreeseite wieder zurück. Die Bilder habe ich mit einem iPhone 12 Pro gemacht und die Fotocollagen am iPad mit der kostenlosen App Perfect Image gebaut.

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Die ConquerorApp informiert über die jeweilige Position auf der Strecke und wertet Laufparameter aus: 4 Prozent der Strecke in 1 Prozent der vorgenommenen Zeit erreicht. In der Mitte: Aussichtsplattform beim archäologischen Park Segedunum “Where Rome’s great frontier begins. Links: die Moltkebrücke über die Spree im Berliner Regierungsviertel.

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Das Modell des Hadrianswall im Great North Museum Hancock in der Stadt Newcastle Upon Tyne. Rechts das Magnus-Hirschfeld-Denkmal am Spreeufer in Berlin.

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Die Grundmauern der Kasernengebäude für Soldaten und ihre Reitpferde im römische Hilfstruppenkastell in Chesters nahe des Hadrianswalls. Rechts: das Bundeskanzleramt vom Spreebogenpark aus gesehen.

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Die Überreste des Südtores im römischen Kastell Housesteads direkt am Hadrianswall. Vom Nordtor auf der Hügelkuppe schaute die Besatzung direkt ins Barbarenland. Oft waren es Germanen in römischen Diensten. Rechts: die Fassade des Alten Museums auf der Museumsinsel in Berlin.

Halbzeit, Bergfest: die Hälfte der 145 Kilometer habe ich hinter mir, bin mit Spaß dabei und komme schneller voran als gedacht. Eine der schönsten Stellen am Hadrianswall ist Sycamore Gap. Hier steht der vielleicht berühmtesten Baum Englands, ein Bergahorn, der auch im Film Robin Hood mit Kevin Costner zu sehen ist. Etwas im Hinterland liegt das bekannte Kastell Vindolanda. Das neue und noch nicht eröffnete Berliner Schloss und die “Schwangere Auster”, eine Kongresshalle im Berliner Regierungsviertel, bilden die realen Pendants zu den virtuellen Landmarken.

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Brave Barbaren beschießen böse Besatzer? So simpel war das Verhältnis zwischen Römern und Britanniern nicht, wie anschaulich im Roman Army Museum bei Greenhead vermittelt wird. Sehr sehenswert. Rechts das Brandenburger Tor im ersten Schnee in diesem Jahr.

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Beim Kastell Birdoswald fing seinerzeit meine Hadrianswall Tour an. Nach dem Ende der römischen Herrschaft in Britannien entwickelte sich aus den Nachfahren der letzten Garnisonstruppen wohl ein lokales Warlordsystem. Rechts: der Säulengang des Kolonnadenhofes auf der Museumsinsel in Berlin.

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Die Reenactment-Veranstaltung “Hadrians Cavalry Turma” in Carlisle 2017 war der Anlass meiner Reise. Erstmals seit 1800 Jahren war wieder eine ganze Turma römischer Reiter der Grenzsicherung seit der Zeit Kaiser Hadrians zu sehen. Rechts: der Reichstag im winterlichen Berlin.

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Diesen Teil des Hadrianswall zwischen Carlisle und Bowness-on-Solway habe ich damals nicht bereist. Stattdessen unternahm ich einen Abstecher zum römischen Fort am Hardknott Pass im Lake District in Cumbria. Eine wunderbare Landschaft. Rechts: das Konzerthaus am Gendarmenmarkt mit der Apollo Skulptur. Ebenfalls einen kleinen Abstecher von meiner Lauftour wert.

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Fertig! Am 11.2.2021 beendete ich die Hadrians Wall Virtual Challenge bei einer Laufrunde auf meiner Tour 1 in Berlin. Auf der Spree treiben Eisschollen und die Lichter geben dem Ganzen eine schöne Atmosphäre.

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Noch einige Fakten und ein Fazit

Die Kosten der Hadrians Wall Virtual Challenge betragen inkl. der Versandgebühren für die Erfolgsmedaille 33,90 Euro. Bei diesem Lauf gehören noch sechs virtuelle Postkarten zum Paket mit dazu. Sie enthalten Informationen über verschiedene Stationen auf der Strecke und kommen per E-Mail. Nett gemacht. Außerdem verspricht der Anbieter, die neuseeländische Actionary Limited, nach jedem erreichten Meilenstein einen Baum pflanzen zu lassen, insgesamt fünf für die Strecke am Hadrianswall entlang. Die Informationen hierüber finde ich zu spärlich. Man erfährt nur, dass Actionary Limited mit Partnern zusammenarbeitet. Offenbar auch mit der US-Nonprofit Organisation Eden Reforestation Project, wie ich recherchiert habe. Da gerade eine bekannte deutsche Initiative ins Gerede gekommen ist, wäre mir mehr Transparenz lieber.

Die Technik hat problemlos funktioniert. Die Conqueror-App bietet nette Optionen, bis hin zu Einblicken in die Landschaft vor Ort über Google-Streetview für diejenigen, die die Strecke nicht schon kennen. Die Bedienung ist intuitiv, die Optik gefällig. Man kann alleine laufen, sich einer Gruppe anschließen oder eine Laufgemeinschaft bilden. Die Conqueror-Facebook-Gruppe für alle Challenges ist ziemlich groß und wird moderiert. Ich bin auf einige Berlinerinnen und Berliner gestoßen, die verstreut über den Globus leben und andere Läuferinnen und Läufer, die auch am Hadrianswall unterwegs sind. Man grüßt sich freundlich und sagt Hallo, teilt mal Fotos und motiviert sich gegenseitig. Manche Post erschienen mir ein bisschen vorgefertigt.

Leider gibt es keine weitere Virtual Challenge mit Bezug zur Antike. Vielleicht probiere ich das Angebot für Firmen und Nonprofit-Organisationen aus, eigene virtuelle Laufstrecken zu entwickeln. Die kann man fürs Teambuilding einsetzen oder für Fundraising-Maßnahmen. Ideen hätte ich schon: zum Beispiel mit Varus Legionen durch den Teutoburger Wald marschieren, mit Cäsar den Rubikon überqueren oder mit Hannibal über die Alpen ziehen.

Nachtrag: Gut zwei Wochen nach dem Anschluss meines Laufes traf die Hadrianswall-Medaille per Post ein. Aufgrund des Gewichtes würde ich sagen, sie ist aus Gusseisen und emailliert. Sieht sehr schön aus. Das Stoffband habe ich entfernt.

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Meine Hadrianswall-Medaille zwischen den Repliken zweier römischer Phalerae.
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2 Replies

    • Vielen Dank für das Feedback Mani, und Glückwunsch zur abgeschlossenen Hadrians Wall Challenge! Pacer habe ich mir schon mal angeschaut und bin gerade mit der Tour durch Rom fertig. Jetzt kann Athen kommen … Viele Grüße, Stefan

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