Das römische Theater von Aspendos ist eines der besterhaltenen Theaterbauten aus der Antike. Vor weniger als 150 Jahren war sein Besuch noch eine abenteuerliche Reise. Heute geht es bequemer, aber man staunt immer noch über den großartigen Bau und seine Geschichte.
„Als ich mit meinen Gefährten im Herbst 1882 von Adalia aus zuerst Aspendos besuchte, war es Nacht, als wir im Dorfe Balkis anlangten. Die aus dem Schlafe aufgescheuchten Bewohner leuchteten uns mit Fackeln durch einen langen Tunnel. Auf einmal befanden wir uns innerhalb eines Halbkreises wohlerhaltener, mit Bäumen reichlich überwachsener Sitzreihen, ihnen gegenüber aber sahen wir eine grossartige Palastfacade mit prachtvoll umrahmten Nischen und einem reich ornamentirten Giebelrelief, die bei der unvollkommenen Beleuchtung fast gar nicht beschädigt aussah. Wir waren ins Theater eingeritten und hatten die Skenenwand vor uns, die einzige heute noch zum Theil im alten Schmuck prangende eines antiken Theaters. Der Eindruck war ein überwältigender …“ – Karl Lanckoroński in seinem Werk Städte Pamphyliens und Pisidiens
Adalia heißt inzwischen Antalya und der Zugang zu einem der besterhaltenen Theaterbauten aus römischer Zeit ist heute deutlich unspektakulärer, dafür aber auch bequemer. Man reitet nicht mehr, sondern fährt mit dem Reisebus oder Mietwagen, parkt vor der hohen Außenfassade der Bühnenwand, zahlt Eintritt und geht hinein. Es kann aber immer noch ein überwältigender Eindruck sein, wenn man erst einmal vor der einstigen Bühnenwand und den aufsteigenden Sitzreihen steht.
Erbaut wurde das Theater im zweiten Jahrhundert unter der Herrschaft des Kaisers Mark Aurel. Auch der Name des Architekten ist bekannt: ein Einheimischer namens Zenon, Sohn des Theodoros. Für die Finanzierung sorgten die beiden Brüder A. Curtuius Crispinus Arruntianus und A. Curtius Auspicatus Titinnianus, die den testamentarischen Willen ihres Vaters A. Curtius Crispinus erfüllten.
Damals bot das Theater etwa 9000 Menschen Platz, die hier Tragödien und Komödien sahen, musikalischen Darbietungen lauschten, aber auch bei Gladiatorenkämpfen und Tierhetzen mitfieberten. Im dritten Jahrhundert wurde eine Brüstung zwischen dem Orchesterbereich und den Zuschauerrängen errichtet, um das Publikum vor den Gladiatoren und wilden Tieren zu schützen.





Vor allem zwei Dinge unterscheiden das römische Theater von Aspendos von den meisten anderen der rund 500 Theaterruinen aus der Antike: der fast vollständige Erhaltungszustand und die ausgezeichnete Akustik.
Die Fassade des zweistöckigen Bühnengebäudes bestand aus reich verzierten Gebälken, die von monolithischen Säulen getragen wurden. Statuen und Büsten standen in den Nischen. In der Mitte über dem zentralen Tor gipfelte die Fassade in einem großformatigen Relief, wahrscheinlich zeige es den Gott des Weines und der Freude Dionysos.
Von den Verzierungen ist kaum noch etwas erhalten, auch fehlt die ursprüngliche Holzdecke über der Bühne. Während die Umnutzung des Theaters durch die Seldschuken als Karawanserei und später als Palast zwar einerseits zur Erhaltung der Gebäudestruktur beitrug, führte sie andererseits zum Verlust der ursprünglichen Dekoration. Immerhin steht das Bühnenhaus, die scaenae frons, noch in seiner vollen Höhe und im Antalya Museum lassen sich Statuen aus dem antiken Theater in Perge bewundern.
Antike Theater sind bekannt für ihre gute Akustik, ganz besonders soll dies auf das Theater von Aspendos zutreffen. Angeblich soll seinerzeit selbst das Geräusch einer fallenden Münze auf der Bühne in den obersten Rängen von den Zuschauern zu hören gewesen sein. Sitzt man heute auf einem der Plätze, kann man Besucher gut verstehen, die auf der Bühne in die Hände klatschen oder sprechen.
Verantwortlich dafür sind mehrere Aspekte, die der römische Architekt Vitruv bereits dreihundert Jahre vor dem Bau des Theaters in Aspendos beschrieben hat: präzise halbrunde und steil ansteigende Sitzreihen, die den Schall auf natürliche Weise verstärken und gleichmäßig im gesamten Zuschauerraum verteilen. Eine hohe und überdachte Bühnenwand, damit der Schall in Richtung Publikum gelenkt wird und die Verwendung harter Materialien wie Kalkstein und Marmor, die Schall gut reflektieren und nicht absorbieren.




Theateraufführungen und beliebte Schauspieler genossen mitunter eine immense Popularität, obwohl Theaterleute kaum über den sozialen und rechtlichen Status von Gladiatoren, Prostituierten und Zuhältern hinauskamen. Echte Römer stellten den eigenen Körper nicht gegen Bezahlung zur Schau, das verletzte nach konservativer römischer Auffassung die persönliche Würde. Dementsprechend waren die Darsteller überwiegend Sklaven, Freigelassene oder Ausländer, was den niedrigen sozialen Status von Künstlern weiter verfestigte. Die aber organisierten sich in Schauspielgruppen, genannt greges, und waren im Wesentlichen privatwirtschaftliche Unternehmen. Die meisten Gruppen waren mobil und zogen als Wanderkünstler durch das Imperium und ließen sich von lokalen Veranstaltern für Aufführungen im Rahmen großer öffentlicher Feste anheuern.
Aufgeführt wurden Pantomimen und Mimen, Possen und Komödien. Das Römische Reich war ein vielsprachiger und multikultureller Raum, da hatte eine auf der lateinischen Sprache basierende literarische Komödie naturgemäß nur eine begrenzte Reichweite über die lateinischsprachige Oberschicht hinaus. Die Pantomime hingegen bot eine Lösung für dieses Problem. Durch ihre Wortlosigkeit war sie universell verständlich. Ein Tänzer konnte beispielsweise die Geschichte von Medea in Ephesus genauso wirkungsvoll erzählen wie in Rom oder Gallien, ohne dass das Publikum Latein verstehen musste. Letztlich drehte sich alles um Themen des Alltags, Liebe, Intrige, Familienkonflikt wie Ein junger Mann aus einer wohlhabenden Familie verliebt sich in eine Sklavin unbekannter Herkunft. Mal ein bisschen feiner, mal volkstümlich, mal derb dargebracht.
Viel hat sich mancherorts daran nichts geändert. Auch heute noch sind einige der antiken Theater und Amphitheater gerne genutzte und gut besuchte Veranstaltungsorte. Wie beispielsweise in Verona wird auch das Theater von Aspendos wieder für Aufführungen genutzt. Jedes Jahr findet hier ein Internationales Opern- und Ballettfestival statt. Auf YouTube gibt es ein Video, dass die Aufführung der Oper Aida in Aspendos zeigt. Giuseppe Verdis Drama handelt von der unmöglichen Liebe zwischen einer Prinzessin und einem Feldherrn, deren Länder Krieg gegeneinander führen.
So wie in Aspendos – oder eine Nummer kleiner – konnten die Menschen in vielen Städten des Römischen Reiches Theateraufführungen beiwohnen. Die Webseite Theatrum listet Informationen zu fast 500 antiken Theatern in heute fünfzehn Ländern auf. Über zwei Drittel aller erfassten Stätten befinden sich in der Türkei, in Frankreich und in Italien. Da weiß man, wo früher die Musik gespielt hat. Heute findet man so gut erhaltene Bühnentheater wie in Aspendos nur noch in zwei weiteren Städten: im südfranzösischen Orange und im syrischen Bosra.
Webseite der archäologischen Stätte Aspendos und auf das römische Theater auf Google Maps.
Danke fürs Lesen. Möge Fortuna stets mit Dir sein.