Aquädukte brachten laufend frisches Quellwasser in die Stadt, niemand musste mehr Regenwasser aus Zisternen schöpfen oder Wasser aus Flüssen der Umgebung holen. In Aspendos verbanden die Römer die Wasserleitung mit einer technischen Raffinesse.
Den Aquädukt gebaut, sagt in Monty Pythons Film Das Leben des Brian jemand von der romfeindlichen Volksfront von Judäa als erstes auf die legendäre Frage, was die Römer je für uns getan haben. Oder war es jemand von der Rom unfreundlich gegenüberstehenden Judäischen Volksfront? Ich weiß es nicht mehr. Doch die Versorgung mit ausreichend sauberem Wasser war die Lebensader jeder römischen Stadt und ein Zeichen für Zivilisation, Wohlstand und technische Überlegenheit.
Von ihren Aquädukten schwärmten auch die Römer selbst. Vom Naturforscher und Schriftsteller Plinius dem Älteren ist der Ausspruch überliefert: Doch wer die Fülle des Wassers sieht, das so geschickt in die Stadt geleitet wird […], wer die hohen Aquädukte betrachtet, die erforderlich sind, um die richtige Beförderung zu garantieren, wer an die Berge denkt, die deshalb durchstoßen, und die Täler, die aufgefüllt werden mussten, der wird zugeben, dass der Erdkreis nichts Bewunderungswerteres aufzuweisen hat.
Große öffentliche Bauten wie Thermen und kunstvoll verzierte Nymphäen, aber auch öffentliche Latrinen, die Versorgung von Handwerksbetrieben und privater Haushalte der wohlhabenden Bürgerinnen und Bürger brauchten eine funktionierende Wasserversorgung. Sie war das Ergebnis technischer Fähigkeiten und ein Symbol römischer Macht und urbaner Kultur. In Rom und in seinen Provinzstädten.
Der etwa 19 km lange Aquädukt von Aspendos begann im Bereich der Gökçepınar-Quellen beim gleichnamigen Dorf an den Ausläufern des Taurusgebirges. Der Aquädukt führte durch Tunnel, überquerte Flüsse und kreuzte Berge.
Der markanteste und komplexeste Teil des Aquädukts ist der sogenannte umgekehrte Siphon, der das antike Eurymedon-Tal überwand. Anstatt das Wasser in einem offenen Kanal über die höchste Stelle des Geländes zu führen, wie man es von den meisten römischen Aquädukten wie z.B. der Pont Du Gard in Südfrankreich oder aus dem spanischen Segovia kennt, wird es hier durch Druckleitungen unterhalb des natürlichen Gefälles geleitet. Das war in diesem Fall weniger material- und arbeitsintensiv und damit auch kostengünstiger.
Die Römer machten sich das Prinzip der kommunizierenden Röhren zunutze. Es besagt, dass Wasser stets sein eigenes Niveau sucht, der Wasserdruck in einem absteigenden Teil der Rohrleitung das Wasser im aufsteigenden Teil wieder nach oben drückt. Dazu bauten die römischen Ingenieure eine Kopfbecken, in dem das Quellwasser in das Drucksystem eintritt, zwei Türme (auch als Wasserkraftwerke bezeichnet), die man für die Verwaltung des Wasserdrucks und des Wasserflusses brauchte und eine 510 m lange sogenannte Venter-Brücke, auf der die Druckleitung das Tal überquerte. Das Auffangbecken des Siphons befand sich auf der Akropolis von Aspendos und wurde von dort direkt zum Nymphäum und einem Verteilungspunkt geleitet.
Das Herzstück und die größte technische Innovation dieser Anlage sind die beiden hydraulischen Türme, die an den beiden Knickpunkten der Leitungsführung stehen. Sie waren einst wohl über vierzig Meter hoch. Heute erreichen sie noch bis zu drei Viertel ihrer damaligen Höhe.
Jeder Turm besteht aus einem massiven, quadratischen Kern, der eine innenliegende Wendeltreppe für den Zugang enthielt. Flankiert werden diese Kerne von bogenförmigen Rampen, auf denen die Druckleitung zum Turm hinauf- und wieder hinabgeführt wurde. Wofür genau die Türme benötigt wurde, darüber wird in Fachkreisen immer noch diskutiert. Durch sie konnte die gesamte Druckleitung in drei Teile geteilt werden, wodurch sich die Anforderungen an die Druckfestigkeit der Rohre reduzierte. Außerdem ermöglichten die die Türme die durch die Topografie erforderliche Richtungsänderung des Aquädukts.




Für die Druckrohrleitung, die einen Wasserdruck von bis zu 4 bar verkraften musste, verwendeten die Römer 3000 massive, durchbohrte Kalksteinblöcke, die durch Vorsprünge und Vertiefungen an den Seiten aneinandergesteckt wurden. Die Fugen zwischen den Steinblöcken waren mit einem speziellen Mörtel abgedichtet, wodurch die notwendige druckfeste Verbindung entstand.
Der Aquädukt von Aspendos wurde zwischen der Mitte des zweiten und dem Ende des dritten Jahrhunderts gebaut. Diese Datierung wird durch eine Inschrift gestützt, die den Stifter des Bauwerks nennt und ihn in diese Zeit verortet. Genannt wird ein Tiberius Claudius Italicus, der den Bau mit der Summe von 2 Millionen Denaren finanzierte. Das war ein gewaltiger Betrag, der etwa dem Jahressold für eine ganze römische Legion entsprach. Leider ist nicht bekannt, wer die Ingenieure waren, die das technisch komplexe Aquädukt entwarfen und bauten. Es muss sich um ein hochspezialisiertes Team gehandelt haben, die über viel Fachwissen und praktischer Erfahrung verfügten. Vielleicht gehörten sie dem römischen Militär an, die über ein Ingenieurkorps verfügte, das auch bei zivilen Infrastrukturprojekten eingesetzt wurde, wie beispielsweise beim Bau der Brücke von Alcantara im heutigen Spanien.
Wer mehr und genaueres über den Aquädukt von Aspendos erfahren will, findet dazu Informationen in dem Artikel The aqueduct at Aspendos and its inverted siphon von Paul Kessener. Wer den Aquädukt besucht und sich nicht ganz sicher ist, an welchem Turm er sich befindet: der südliche Turm des Aquädukts ist der mit den vielen Verkaufsständen.
Webseite des Aquädukts und auf Google Maps.
Danke fürs Lesen. Möge Fortuna stets mit Dir sein.