Ich bin ein großer Serien-Fan und Antikenfreund. Doch was Netflix mit Barbaren Staffel 2 produziert hat, macht mir keine Freude. Die Barbaren stehen nicht nur vor der Kamera, sondern auch dahinter und verhunzen eine Stück spannender Geschichte.
Dank der Netflix-Serie Barbaren weiß man jetzt, wie die germanischen Krieger im Teutoburger Wald die römische Berufsarmee besiegen konnten. Die Römer waren nämlich Dilettanten. Auch nach der Varus-Schlacht geht das Schlachten in Staffel zwei munter weiter. Jetzt mit einer neuen Legion unter dem Kommando von Kaiser Tiberius und dessen Feldherren Germanicus.
Da schleichen sich Thusnelda und Co. in ein Legionslager ein und befreien Arminius. Der ist nach der Nummer mit der Varusschlacht für die Römer immerhin Staatsfeind Nummer eins. Man sollte meinen, so jemand wird gut bewacht. Aber nein, fünftausend Legionäre merken nichts. Gut, das war in Staffel eins auch schon so und erfolgreiche Strategien behält auch der Barbar bei.
Als die römischen Bogenschützen später die Anführer der verschiedenen germanischen Stämme beim Thing beschießen, zwingt sie die Ein-Mann Armee Folkwin Wolfspeer zum Rückzug, nachdem er die Hälfte der Bogenschützen im Alleingang niedergemetzelt hat. Wahrscheinlich nur Pech, das Germanicus vergessen hat, Infanterie zur Sicherung seiner Bogenschützen mitzunehmen. So sind sie, die Dilettanten.
Auch der Frontpuff der Römer liegt nicht im Legionslager, sondern außerhalb im Wald und ist anfällig für Überfalle. Aber vielleicht sorgte man sich mehr um das Schamgefühl und wollte nicht, dass jeder der Kameraden sieht, wer zu den Huren geht. Der Weg wäre kürzer und sicherer. Aber gut.
Am Ende greifen die germanischen Krieger dann erfolgreich das Legionslager an. Die Ablenkung funktioniert, alle Römer schauen wie Party People an der Palisade nach rechts. Keiner hat sein Scutum dabei, keiner sein Pilum und auch kein Gladius umgehängt. Vor dem Lager keine Krähenfüße, keine Feldlilien oder andere verdeckten Annäherungshindernisse. Dann greifen die Barbaren von links an und überrennen die Legion. So einfach kann es sein.
Die Römer wiederum sind zwar dumm, aber auch fies und heimtückisch. Thusnelda und ihr Sohn werden am Ende der zweiten Staffel entführt und Folkwin bekommt ein Kurzschwert in den Rücken gerammt. So ein Ende der Staffel schreit nach einer Fortsetzung und uns steht bestimmt bald ein dritter Teil von Barbaren ins Haus. Immerhin ohne Folkwin. Nicht böse gemeint: aber wenn einer in der Serie kein schauspielerisches Talent zeigt, dann David Schütter.
Barbaren läuft weltweit ganz erfolgreich, insbesondere für eine nicht-englischsprachige Serie und natürlich will Netflix damit Geld verdienen. Mit der historischen Genauigkeit muss man es nicht so genau nehmen, schließlich gibt es künstlerische Freiheiten. Aber warum sich dann auf die historische Vorlage beziehen und ohne dramaturgische Notwendigkeit davon entfernen? Auf YouTube gibt es dazu informative Beiträge, auch von den Archäologen, die im Beraterteam der Produktion mitgewirkt haben.
Darüber hinaus ist der Plot platt und die Dialoge können sich zwischen heutiger Umgangssprache und dem Versuch zeitgenössischer Formulierungen nicht entscheiden. Die schauspielerischen Fähigkeiten der Akteure sind unterschiedlich ausgeprägt und schwächeln meiner Ansicht nach vor allem bei den Germanen. Die Optik der Serie Barbaren ist durchaus gefällig und produziert schöne Bilder. Leider zugunsten der üblichen Filmklischees. Bei den Germanen dominieren jetzt Schlamm, Fell und Kriegsbemalung, Sven Schlammlederson lässt grüßen.
Nach Staffel eins ist es meiner Ansicht nach nicht besser, sondern schlechter geworden. Was Netflix mit der Serie Barbaren produziert hat, bleibt hinter den Möglichkeiten zurück. Die Barbaren stehen nicht nur vor der Kamera, sondern auch dahinter und verhunzen eine Stück spannender Geschichte. Sehr schade.
Die Netflix-Serie Barbaren Staffel 2 erschien am 21.10.2022