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Die Nike von Samothrake

Eine ikonische Skulptur aus der Antike inspiriert Firmen und Künstler wie Rolls Royce, Nike oder Beyoncé und begeistert täglich zehntausende Besucher: die Nike von Samothrake im Pariser Louvre.

Die Nike von Samothrake zählt zu den gefeiertsten Skulpturen der Antike und verkörpert die griechische Göttin des Sieges, Nike. Sie schwebt aus dem Himmel herab, mit ausgebreiteten Schwingen setzt sie zur Landung auf dem Bug eines antiken Kriegsschiffes an. Die meisterhafte Behandlung des Gewandes trägt maßgeblich zur Dynamik und zum Realismus der Figur bei. Die detailreiche Darstellung des Gewandes, das am Körper zu haften scheint, sowie die der Statue innewohnende emotionale Intensität der Siegesbotschaft, machen die Skulptur zu einer Ikone der antiken Bildhauerei.

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Fast neun Millionen Menschen besuchen das Pariser Kunstmuseum Louvre im Jahr. Bei lediglich drei Schließtagen kommen täglich etwa 25.000 Besucher.

Heute befindet sich dieses herausragende Werk im Musée du Louvre in Paris, wo es in einer hervorgehobenen Position präsentiert wird. Bereits seit 1883 steht die Statue am oberen Ende der monumentalen Daru-Treppe im Denon-Flügel des Louvre. Unterbrochen nur von den Jahren des Zweiten Weltkrieges, als die Skulptur ausgelagert worden war.

Die erhöhte Position am Kopfende der breiten Treppe inszeniert die Statue auf dynamische Weise und erinnert gleichzeitig an ihre ursprüngliche Aufstellung an einem hochgelegenen Punkt im Heiligtum auf der griechischen Insel Samothrake in der nördlichen Ägäis. Die Präsentation erweckt den Eindruck, als schwebe die Göttin dem Betrachter entgegen oder lande gerade erst auf dem Schiffsbug.

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Die Nike trägt einen dünnen Chiton und darüber einen Mantel. Der Stoff wirkt wie vom Seewind bewegt und schmiegt sich eng an den Körper, besonders an der Vorderseite und der linken Seite, wodurch die darunterliegende Körperform sichtbar wird – ein Effekt, der oft als nasses Gewand beschrieben wird. Die rechte Seite und die Rückseite der Statue sind hingegen weniger detailliert ausgearbeitet.

Die gesamte Statue ist 328 cm hoch, wobei die Figur selbst 245 cm groß ist. Schiff und Sockel bestehen aus 23 Marmorblöcken, die Statue aus sechs Teilen. Das gesamte Kunstwerk wiegt etwa 28 Tonnen.

Die Figur der Nike selbst wurde aus dem in der Antike geschätzten weißen Marmor der griechischen Insel Paros gefertigt. Parischer Marmor war in der gesamten griechischen Welt für seine feine Körnung bekannt und wurde für besonders hochwertige Skulpturen verwendet. Die Basis der Statue, die den Bug eines Kriegsschiffes darstellt, besteht hingegen aus einem einfachen gräulichen Marmor von der Insel Rhodos. Mit dem einstmals strahlend weißen Marmor hebt sich die Siegesgöttin visuell vom dunkleren, gröberen Marmor des Schiffbugs ab. 

Die Kykladeninsel Paros ist etwa 500 Kilometer von Samothrake entfernt, Rhodos noch weiter. Der Aufwand für den Abbau und Transport der beiden Marmorsorten war ein aufwändiges und kostspieliges Unterfangen und unterstreicht die Ambitionen des Auftraggebers und den Bekanntheitsgrad des Bildhauers. Leider ist keiner der beiden Namen überliefert. 

Immerhin weiß man einigermaßen genau, wann der heute unbekannte Künstler die Nike von Samothrake schuf. Die Statue wird in die hellenistische Epoche datiert, genauer gesagt in eine Zeit um das Jahr 190 vor Christus. Diese Datierung ist in der Forschung weitgehend anerkannt, wenngleich einige Experten einen breiteren Zeitrahmen ziehen.

Das hat auch damit etwas zu tun, welcher bedeutende Seesieg durch die Nike von Samothrake gewürdigt werden sollte. Es wird heute allgemein davon ausgegangen, dass es sich um den Sieg der mit den Römern verbündeten Flotte von Rhodos über die Schiffe des Seleukidenkönigs Antiochos III. gehandelt haben wird. Diese siegten im Syrisch-Römischen Krieg von 192 bis 188 vor Christus in der Seeschlacht von Myonessos.

Entdeckt wurde die Statue der Nike von Samothrake von Charles Champoiseau, dem damaligen französischen Vizekonsul in Adrianopel (heute Edirne in der Türkei) und Amateurarchäologen. Der hatte als Diplomat nicht all zu viel zu tun und betrieb zum Zeitvertreib archäologische Studien. Im April 1863 führte er mit einer Gruppe griechischer und bulgarischer Arbeiter Ausgrabungen auf der griechischen Insel Samothrake durch, die damals unter osmanischer Herrschaft stand. Die Statue der Nike wurde in stark fragmentiertem Zustand in den Ruinen eines Heiligtums gefunden, zerbrochen in über hundert Einzelteile. Beim Transport nach Frankreich kam es zu weiteren Beschädigungen. Bereits bei der Entdeckung fehlten der Kopf und beide Arme, die bis heute verschollen sind.

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Nach Jahrzehnten der Ausstellung im Louvre war die Nike von Samothrake stark verunreinigt und wurde in den Jahren 2013 und 2014 restauriert.

Die Nike von Samothrake hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Kunst nachfolgender Epochen. Die Statue übte bereits im späten neunzehnten Jahrhundert großen Einfluss auf den Historismus aus, was sich in zahlreichen Nachbildungen manifestierte, wie etwa der Viktoria auf der Berliner Siegessäule und Fritz Schapers Viktoria im Berliner Zeughaus.

Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ließ sich der englische Automobilhersteller Rolls Royce bei der Gestaltung der Kühlerfigur Spirit of Ecstasy von der Pariser Nike inspirieren, ebenso wie einhundertfünfzig Jahre später der Sportartikelhersteller Nike bei der Gestaltung seines Logos. Die dynamisch geschwungene Form des Swoosh soll der Flügelform der Nike von Samothrake entsprechen. Zuletzt suchten im Jahr 2018 die Musiker Beyoncé und Jay-Z für ihr Musikvideo zum Song Apeshit die Nähe der antiken Siegesgöttin.

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Besucher auf der großen Daru-Treppe im Louvre in Paris. Am Kopfende thront die Nike von Samothrake. Durch große Oberlichter fällt natürliches Licht ein. Aus den unteren Treppenabschnitten leuchtet gelbliches Kunstlicht.

Webseite des Louvre und auf Google-Maps.

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2 Replies

  1. Lieber Stefan Nährlich, danke für diesen schönen Beitrag zum Ostersonntag!
    Herzliche Grüße zum Osterfest
    Judith Schewe

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