Ein Meisterwerk der zahlreichen Palmyra Portraits im Pariser Louvre ist das Grabrelief einer schönen Frau. Ummayat, Tochter von Yarhai. Alles, was von meiner Herrlichkeit übriggeblieben ist, sagt Ummayat, sind die Blicke, die ihr auf mich werft.
Der Louvre in Paris besitzt eine bedeutende Sammlung von Palmyra-Antiquitäten, darunter zahlreiche porträtartige Grabreliefs aus der syrischen Wüstenstadt Palmyra. Diese Reliefs stammen überwiegend aus palmyrenischen Familiengräbern der römischen Zeit und dienten ursprünglich als Verschlussplatten von Grabnischen in den Grabtürmen und unterirdischen Gewölben Palmyras.
Ich hatte vor einiger Zeit über diese Grabreliefs geschrieben, die ich in verschiedenen Museen gesehen habe. Jetzt war ich in Paris und habe mir die Sammlung im Louvre angeschaut. Nur wenige Besucher verirren sich in den Raum 315 im Sully-Flügel des Louvre-Museums oder bleiben hier stehen.

Die Grabreliefs zeigen Verstorbene in frontal zugewandter Büstenform und sind meist beschriftet mit einer palmyrenisch-aramäischen Grabinschrift, welche den Namen und oft die Familienverhältnisse der dargestellten Person nennt.
Gut zu erkennen sind Details der reichhaltigen Kleidung und Schmuckmode der Palmyrener Oberschicht des zweiten und dritten Jahrhunderts. Die Männer tragen fein verzierte Tuniken mit Weinranken und Eros-Figürchen als Ornament, die Frauen aufwändige Kopfbedeckungen sowie mehrreihige Halsketten, Fibeln und Ohrringe. Oft werden die Verstorbenen mit einer Hand an der Wange dargestellt, ein im palmyrenischen Raum häufiges Ausdrucksmotiv für Trauer.
Ein Meisterwerk der Sammlung ist die Büste der Ummayat, Tochter von Yarhai. Ein QR-Code führt zu einer Audiodatei, die Ummayat zu den Besuchern sprechen lässt.

Passanten, die mich im Kalkstein von Palmyra erstarren sahen, warfen einen mitleidigen Blick auf mich. Ich war nicht immer so: mein Körper war einst voller Leben. In ewigem Bedauern über das, was einst war, lege ich eine Hand an meine Wange.
Ich, Ummayat, Tochter von Yarhai, kann euch viele Geschichten erzählen. Ich lebte einst in einer prächtigen und wohlhabenden Stadt an der Grenze zwischen dem römischen Reich im Westen und dem parthischen Reich im Osten. Unzählige Karawanen kamen dort an und brachten all die Schätze, die ich bei meiner täglichen Suche nach Schönheit benötigte. Das feinste Parfüm und die Perlen, die meinen Hals schmückten, kamen aus dem Indischen Ozean, und die leichte Seide meiner Tücher stammte aus den Weiten Chinas und Afghanistans. Sehen Sie sich meine Fibel an, diese Brosche in Form eines Löwenkopfes, die meinen Mantel ziert, und die Juwelen, die meine Ohren schmücken. Seht euch das kunstvoll gearbeitete Stirnband an, das die eleganten Windungen meines Haares ziert.
Doch leider bin ich nicht mehr das, was ich einmal war. Alles, was von meiner Herrlichkeit übriggeblieben ist, sind die Blicke, die ihr auf mich werft. Wo meine Stadt einst stand, sind nur noch Ruinen. Denkt daran, dass Männer starben, um Palmyra, die Schöne, zu verteidigen, lange nachdem meine Stimme in der syrischen Wüste verklungen war. Erinnere dich daran, dass in jeder Epoche, an jedem Ort, die Schönheit immer vergänglich ist und geschützt werden muss – die Schönheit von Wesen und Gegenständen gleichermaßen, als ein wesentlicher Teil unserer Menschlichkeit.





















Die im Louvre gezeigten Palmyra-Porträts vermitteln ein lebendiges Bild der antiken Oasenstadt: Man kann prächtige Gesichter aus der Wüste betrachten – Priester mit Kultgegenständen, vornehme Bürger in modischer Gewandung, Frauen als stolze Gattinnen und Mütter. Man erfährt durch ihre Inschriften Namen und Familienzugehörigkeit und taucht ein Stück ein in die antike Welt der reichen Oasenstadt im römischen Orient, in der sich unterschiedliche religiöse, kulturelle oder philosophische Ideen vermischten.
An die Herrschaft Roms erinnert ein kleines, aber schönes Objekt. Es zeigt einen Adler, der sich einst auf einer Kultstele befand. Die Inschrift verrät uns, wer das Objekt hergestellt hat.

Die Webseite des Museums Louvre und auf Google Maps.
Danke fürs Lesen. Möge Fortuna stets mit Dir sein. Hier kannst Du