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Update für das Museum in Side

Das alte archäologische Museum in Side aus den 1960er Jahren ist längst an seine Grenzen gekommen. Ende letzten Jahres wurden die Ausstellungsbereiche neugestaltet. Erstmals werden jetzt auch neue Objekte in einem ansprechenden und modernen Rahmen gezeigt.

Das Side Museum bewahrt die Schätze einer der wichtigsten Hafenstädte des antiken Pamphyliens. Es wurde 1962 in den antiken Thermen neben der Handelsagora der Stadt eingerichtet. Seit Ende 2024 präsentieren sich die Ausstellungsräume des Archäologischen Museums in einer neugestalteten Form.

So eine schöne Ausstellung erwartet man gar nicht – und man muss sie auch erst einmal finden. Vorbei am kleinen Kassenhäuschen eröffnet sich dem Besucher eine schöne parkähnliche Anlage. Die Kieswege im Bereich der ehemaligen Palästra der Thermen führen vorbei an Säulenresten, Sarkophagen, Grab- und Inschriftensteinen, Meilensteinen, Statuen und Büsten. Aus dem Boden ragen kleine Lampen, die die antiken Objekte in der Dunkelheit beleuchten.

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Die ehemalige Palästra der Agorathermen dient heute als Außengelände des Archäologischen Museums von Side.

Unter den Grabsteinen sticht ein Objekt durch seine Größe heraus: der Giebel eines monumentalen Grabmals aus der westlichen Nekropole von Side. Die Hauptszene zeigt ein großes Adlerrelief über einer Brustpanzerung. Rechts vom Adler befinden sich ein Helm und zwei Beinschienen, links davon ein weiterer Helm, zwei Speere und ein runder Schild. Der Adler und die dargestellten militärischen Ausrüstungsgegenstände symbolisieren einen Sieg und die vom Feind erbeutete Kriegsbeute und lassen vermuten, dass der Besitzer des Grabes eine wichtige Persönlichkeit mit militärischer Laufbahn gewesen sein könnte. Wer er war, ist leider nicht bekannt.

Dafür weiß man mehr über den unscheinbaren Inschriftenstein. Durch eine Missernte oder kriegerische Ereignisse fehlte es im Jahr 267 in Side an Getreide. Magistrat, Stadtrat und Volksversammlung wandten sich hilfesuchend an den römischen Kaiser. Gallienus antwortete ihnen und sagte zu, auf die Zollabgaben bei der Einfuhr von Weizen zu verzichten. Vielleicht weniger Unterstützung, als sich die Sideter versprochen hatten, aber doch immerhin nützlich. Daher wurde das kaiserliche Schreiben auf eine Stele gemeißelt und am Hafen aufgestellt. Eine Kopie der Stele liegt übrigens immer noch an seinem Fundort und ist durch einen der an verschiedenen Stellen der Stadt verlegten Glasböden zu sehen. Der Glasboden befindet sich in einem Restaurant.

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Die Römer bauten in ihrer Provinz rund 500 Kilometer neue Straßen, die über Jahrhunderte hinweg genutzt wurden. Solche Meilensteine gaben Distanzen zur nächsten Stadt an und nannten Kaiser oder Statthalter, die für den Bau- oder die Reparatur von Straßen gesorgt hatten.
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Säulenreste mit korinthischen Kapitälchen säumen den Weg zum ehemaligen Kaltbad der einstigen Agorathermen von Side.

Vom offenen Hof des archäologischen Museums zurück Richtung Eingang, liegt der Zugang zu den neugemachten Ausstellungsräumen im Bereich des einstigen Kaltbades der Thermenanlage aus dem zweiten Jahrhundert. In der Spätantike wurden die Badeanlage noch einmal umgebaut und war wohl so lange in Betrieb, bis die Bewohner die Stadt um das Jahr 900 aufgegeben haben. Jahrtausende blieben die Ruinen sich selbst überlassen, bis erst um 1900 eine Gruppe muslimischer Auswanderer aus Kreta hierherkam und das Dorf Selimiye auf dem alten Stadtgebiet Sides gründeten.

Im alten Kaltbad stehen nun Torsi verschiedenen Statuen von Römerinnen und Römern. Zwei Sphinx, Fabelwesen mit Löwenkörper und menschlichem Kopf, symbolisieren die Verbindung von körperlicher und geistiger Kraft. Sie wurden im antiken Theater von Side entdeckt und standen wahrscheinlich in Verbindung mit den Gladiatorenkämpfen, die dort stattfanden.

In den Innenräumen des Museums, wo sich in der Antike Warmbad, Heißbad und weitere Stationen der Thermen befanden, hat sich einiges getan. Im Jahr 2024 wurde hier grundlegend erneuert und Ende des Jahres der Ausstellungsbereich für die Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.

Einige ältere Objekte zogen in den Außenbereich um und schafften Platz für neue Skulpturen, die nun erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden. Dazu gehören Statuen aus dem Kaisersaal der Staatsagora oder Skulpturen, die einst das Nymphäum von Side schmückten. Klimatechnik und Beleuchtung des Museums wurden erneuert und eine didaktisch moderne Präsentation der Ausstellungsobjekte realisiert.

Im Zentrum des Hauptausstellungsraumes stehen zwei Sarkophage und eine Statue des Gottes Merkur, von den Griechen Hermes genannt. Die Merkurstatue stammt aus dem zweiten Jahrhundert und schmückte einst das große Nymphäum. Die beiden Sarkophage wurden in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts angefertigt. Beide Särge sind mit Eroten verziert, die Musikinstrumente spielen oder Früchte tragen, Ziegen opfern und vor allem betrunken sind. An den Ecken stehen Nike-Figuren, die in ihren Händen Kränze und Palmzweige halten. Der Deckel eines Sarkophags hat die Form einer Kline, auf der männliche Figur liegt. Er stützt sich auf einen Arm stützt und hält eine Ziege in der Hand.

In den Nischen stehen Statuen von Männern und Frauen, Kaisern und Göttern. An der schmalen Seite gibt es Vitrinen mit kleineren Objekten. Sehr gelungen finde ich die Kombination aus der antiken Bausubstanz mit ihren steinernen Bögen und der modernen, minimalistischen Präsentation. Die dunkle Decke und die gezielte LED-Beleuchtung heben die Marmorstatuen und die zentral platzierten Sarkophage hervor. Der Boden ist teilweise mit Kies bedeckt, was wohl an die archäologischen Ausgrabungsstätten erinnern soll. Die großflächigen textlichen Erläuterungen und Illustrationen erfüllen sowohl die Ansprüche an eine bessere Information als auch an eine ästhetische Präsentation.

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Nike-Statue

Die Nike-Statue aus dem Kaisersaal der Staatsagora stammt aus dem zweiten Jahrhundert. In der klassischen und hellenistischen Zeit als Nike bekannt, erhielt die geflügelte Siegesgöttin in der Römerzeit den Namen Victoria. Sie ist die beliebteste Göttin in den offiziellen Gebäuden, Stadttoren und Verteidigungsanlagen der Stadt. Ihre berühmteste Schwester ist die Nike von Samothrake, die im Pariser Louvre ausgestellt ist und die es vielfach auch in meiner Heimatstadt Berlin im öffentlichen Raum gibt.

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Side Museum: Wasser und Meer, Schifffahrt und Handel

Die Bedeutung von Wasser und Meer, Schifffahrt und Handel widmet sich ein anderer Ausstellungssaal. Mehrere Marmorplatten eines Frieses aus dem Nymphäum von Side und ein Relief mit einer gut erhaltenen Darstellung der Geburtsszene der Venus bzw. Aphrodite. In der Mitte des Reliefs sitzt Aphrodite auf einer Austernschale, die von zwei Eros-Figuren getragen wird. An den Ecken der rechteckigen Kassette befinden sich oben Tritonen, die in Muscheln blasen, und unten Delfine. Daneben eine Marmorskulptur des Flussgottes Melas aus der großen Therme am Hafen. Der Flussgott Melas ist als liegende männliche Figur dargestellt, wie sie auch andernorts vielfach als Darstellung von Flussgöttern gab. Das Gefäß unter Melas’ Arm symbolisiert die Quelle des Flusses. Wahrscheinlich floss hieraus Wasser in ein Becken der Therme. Auch eine unvollständige Skulpturengruppe des beliebten Motivs der Drei Grazien ist mit ausgestellt.

Eine Sammlung von verschiedenen Amphoren-Typen zeigt deren Bedeutung für den Transport von Waren. Sie stammen aus der Zeit um 450 vor Christus bis in die Spätantike, eine Amphore ist sogar in das Mittelalter datiert.

Mit dabei im Reigen der Götter ist auch eine Statue der Göttin Tyche. Ihr Tempel stand mitten auf der Handelsagora und ist heute wieder teilweise restauriert. Der Tyche-Kult in Side entstand wahrscheinlich im späten dritten Jahrhundert vor Christus, als die Stadt noch zum Seleukidenreich gehörte. Von den beiden wichtigsten Göttern der Stadt, die ihre Tempel direkt am Hafen hatten, gibt es in Side leider keine Statuen. Von Apollon immerhin mehrere Köpfe. Statuen der Athena befinden sich in vielen anderen Museen in Europa, in Side leider nicht.

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Portraitköpfe aus dem römischen Side unter dem Symbol der Stadt, dem Granatapfel, und dem Wort Side in Griechisch.
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Kopf des Apollon aus römischer Zeit.

Webseite des archäologischen Museums in Side und auf Google Maps.

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