Mehr Antike und kulturelles Erbe sollen Side attraktiver machen. Ein neues Besucherzentrum hat kürzlich eröffnet, die weitere Restaurierung und bessere Präsentation des römischen Erbes gehen voran. Noch ist nicht alles fertig, aber sehenswert.
In der Altstadt des Ferienortes Side an der türkischen Riviera leben noch 30 Menschen. Umgeben von 200.000 Touristen in der Region Manavgat, zu der Side gehört. Zu viel Massen- und Tagestourismus, zu wenig Nachhaltigkeit. Vor zehn Jahren hat das Ministerium für Kultur und Tourismus der Türkei daher einen neuen Kurs eingeschlagen: Nachhaltigkeit und kulturelles Erbe. Der antike Kern von Side soll ein Schmuckstück für Besucher werden.
Seitdem wurden nicht genehmigte Gebäude abgerissen und umfangreiche Restaurierungsprojekte bei den Ruinen aus römischer Zeit durchgeführt. Gläserne Wege ermöglichen den Besuchern einen Blick auf archäologische Strukturen im Erdreich. Die Zufahrt für Privatfahrzeuge in die antike Halbinsel wurde stark eingeschränkt. Durch eine bessere Beschilderung und die Schaffung von thematischen Spazierwegen soll das Kulturerlebnis hochwertiger und informativer werden. An vielen Orten sieht es zurzeit noch nach Baustelle aus. Der neue Ansatz macht sich aber schon bemerkbar, zumal, wenn man den aktuellen Zustand mit Fotos aus dem Jahr 2006 vergleicht, die ich auf einem anderen Blog gefunden habe.

Die antike Stadt Side liegt auf einer felsigen Halbinsel an der Küste Pamphyliens in der heutigen Türkei und entwickelte sich zu einer wohlhabenden Handels- und Wirtschaftsmetropole mit bis zu 40.000 Einwohnern. Ihren Höhepunkt an Wohlstand und Pracht erreichte die Stadt während der römischen Kaiserzeit, insbesondere vom ersten bis dritten Jahrhundert, als die meisten ihrer heute noch beeindruckenden Monumentalbauten errichtet wurden. Viele waren mit Marmor verkleidet, der über See transportiert werden musste, da in der Nähe geeignete Steinbrüche fehlten.
Wer Side heute besucht, stößt gleich hinter dem neuen Besucherzentrum auf eines der schönsten Monumente der Stadt: die fünfzig Meter lange und einst drei Stockwerke hohe Brunnenanlage. Versorgt wurde das Nymphäum durch einen Aquädukt, der kurz vor den Stadtmauern über eine Verteilerstruktur verfügte, von der ein Zweig zum Nymphäum führte. Die Ruinen wurden bereits in den 1960er Jahren ausgegraben, doch die Restaurierung des Nymphäums begannen erst vierzig Jahre später. Über neunhundert Steinblöcke, Marmorverzierungen und Säulenreste wurden schließlich zum heutigen Erscheinungsbild wieder zusammengefügt.





Zum Abschluss der Restaurierungsarbeiten soll ein großes Wasserreservoir vor der Brunnenanlage entstehen, mit Stufen, die hinunter zu einem Platz führen, der wie in der Antike als wichtiger Treffpunkt für Stadtfeiern genutzt werden kann. Nachts soll das Nymphäum wie andere antike Bauwerke in Side beleuchtet werden.

Das Haupttor, auch als Vespasian-Tor bezeichnet, diente als primärer Eingang zur Stadt. Es ähnelte in seiner Anlage mit einem hufeisenförmigen Hof, flankiert von zwei großen Türmen, sowie einem äußeren und inneren Tor, den Toren von Perge. Das etwa fünfzehn Meter hohe Bogentor aus dem zweiten oder dritten Jahrhundert liegt unweit des Nymphäums und gegenüber der Handelsagora Sides. Wer das Archäologische Museum von Side, das in einer der alten Thermen untergebracht ist, besuchen will, der ist jetzt gerade ein paar Schritte am unauffälligen Eingang des einstigen Agorabades vorbei gegangen.

Gegenüber den Thermen mit dem Museum von Side liegt die Handelsagora, unmittelbar daran schließt sich das antike Theater an. Dieser offene Platz, mit einer Seitenlänge von über sechzig Metern war auf allen Seiten von Säulenhallen mit flachen Holzdächern umgeben, hinter denen sich Läden reihten. Die Handelsagora war nicht nur ein Einkaufszentrum, sondern auch ein beliebter Treffpunkt für die Bürger. Gehandelt wurden landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Olivenöl und Wein, aber auch Holz, Keramik und Textilien. Im Zentrum der Handelsagora stand einst ein Rundtempel, der Tyche, der Göttin des Schicksals und des Glücks, geweiht war. Inzwischen ist ein Teil des Tempels restauriert worden.






Das römische Theater von Side war das größte in Pamphylien und dominierte mit seiner imposanten Erscheinung das Zentrum der antiken Stadt. Aufgrund der flachen Topografie Sides konnte keine Hanglage genutzt werden, um die aufsteigenden Zuschauerränge abzustützen, wie das beispielsweise in Aspendos der Fall war. In Side musste daher eine massive, freistehende Konstruktion errichtet werden, die sich auch heute noch über fünfzehn Meter hoch erhebt und ursprünglich noch höher war. Solch eine Statik muss man berechnen oder zumindest aus Erfahrungswerten handhaben können. Außerdem erhöht eine solche Konstruktion die Baukosten. In Side waren Kompetenz und Geld offenbar vorhanden. Mit einer Kapazität von vielleicht fünfzehn- bis zwanzigtausend Zuschauern wurde das Theater im zweiten Jahrhundert errichtet, möglicherweise an der Stelle eines früheren hellenistischen Theaters. In der Orchestra des Theaters wurden nicht nur kultische Tänze und Gesänge aufgeführt. Der Bereich wurde auch als Arena für Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen genutzt.

Südlich der Handelsagora, verbunden durch eine breite gepflasterte Straße, befand sich die sogenannte Staatsagora, ein Platz ähnlicher Größe und Bauart. An ihrer Ostseite lehnte sich ein größeres Bauwerk mit drei nebeneinander liegenden Sälen an, dessen mittlerer Saal die seitlichen Hallen übertraf. Die Bedeutung dieses Saales wurde durch eine vorgezogene Säulenstellung des Hofes betont. Drei Wände des Saales waren auf zwei Etagen reich mit Statuen in Nischen geschmückt, von denen sich einige heute im Archäologischen Museum von Side befinden. Der Komplex wird als Kaisersaal interpretiert, der dem Kaiserkult diente, mit angrenzender Bibliothek oder Archivräumen.
Die Staatsagora wirkte sich auch auf ihre Umgebung aus. Die nahegelegenen Themen wurden überwiegend von Sides Oberschicht und Mitgliedern der Stadtverwaltung genutzt. Anders als sonst in den antiken Badehäusern üblich, blieb Frauen, Sklaven und Fremden der Zutritt zum heute so genannten Hafenbad verwehrt.






Im Umfeld des Hafens von Side wechseln sich Bau- und Restaurierungsarbeiten, Souvenirläden und Restaurants ab. An verschiedenen Stellen sind bereits Teile der Wege durch stahlgerahmte Glasböden ersetzt worden. Sie ermöglichen Einblicke auf darunter liegende archäologische Strukturen und schützen diese zugleich vor Witterungseinflüssen.


Am äußersten Zipfel der Halbinsel, in unmittelbarer Nähe zum Hafen und dem Meer zugewandt, steht das Wahrzeichen von Side: die Säulen des Apollo-Tempels. Genauer gesagt, sind es sogar die Überreste zweier Tempel, denn auch der Göttin Athena wurde hier gehuldigt. Apollo, der Gott der Musik, der Poesie, des Lichts und der Weissagung, und Athena, die Göttin der Weisheit, der Kunst, der Strategie und des Friedens, waren die Hauptgottheiten Sides. Die beiden Tempel wurden im korinthischen Stil erbaut und hatten einen Kultraum, die von einem Säulenkranz umgeben war. Der Apollo-Tempel soll um das Jahr 150 errichtet worden sein, der Athena-Tempel etwa einhundert Jahre früher. Beide Tempel standen auf einer erhöhten Plattform und müssen mit ihren leuchtenden Marmorsäulen, den verzierten Gebälken und Giebeln einen nachhaltigen Eindruck auf ankommende Seeleute hinterlassen haben, die sie als erste Wahrzeichen der Stadt erblickten.
Eine besonders hartnäckige Legende verbindet die Tempel, insbesondere den des Apollo, mit der Beziehung zwischen dem römischen Feldherren Marcus Antonius und der ägyptischen Königin Kleopatra VII. Es wird erzählt, Side sei der Ort ihrer geheimen romantischen Treffen gewesen. Das wünscht sich vielleicht das Stadtmarketing von Side, tatsächlich waren die beiden schon lange tot, als die Tempel erbaut wurden.






In diesem Jahr wurde das neue Besucherzentrum in Side eröffnet. Es ist mehr als Ticketschalter und Souvenir-Shop. Die Außenfassade des länglichen Gebäudes schmückt eine friesähnliche Gestaltung mit den antiken Sehenswürdigkeiten der Stadt. Im Inneren gibt es einen kleinen Videosaal, Informationstafeln und mehr. Das ist nett gemacht und nützlich. Literatur und Souvenirs gibt es auch, Tickets für das Museum und die nicht öffentlichen Bereiche (Säulenstraße, Staatsagora) gab es bei meinem Besuch Anfang Juni 2025 hier nicht, sondern jeweils vor Ort, auch als Kombiticket.



Die Ausstellung im Museum von Side ist auch neugestaltet worden. Dazu mehr in einem eigenen Beitrag.
Webseite der Archäologischen Stätte von Side und das Besucherzentrum auf Google Maps.