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Bunte Götter

Unsere Vorstellung von der Antike ist geprägt von marmorweißen Statuen. Mit der Ausstellung “Bunte Götter” zeigt das Frankfurter Liebieghaus jetzt in einer neuen Ausstellung die Farben der Antike.

Das Zeitalter der Antike verbinden wir mit Marmorstatuen in erhabenen Weiß. Sie entsprechen einem Empfinden, das auf die Zeit der Aufklärung und der italienischen Renaissance zurückgeht, in der die Antike als Vorbild für ein neues ästhetisches und intellektuelles Ideal entdeckt wurde. Seit dem 18. Jahrhundert ist durch gezielte Ausgrabung unter wissenschaftlicher Aufsicht bekannt, dass die Antike bunt war. Zahlreiche Marmorstatuen mit Farbresten wurden gefunden, die dies belegen. Doch der Mythos der weißen Antike hält sich hartnäckig.

Die Liebieghaus Skulpturensammlung zeigt verlängert bis zum 17.1.2021 die Ausstellung “Bunte Götter – Golden Edition. Die Farben der Antike”. Nach 2008 ist die jetzt erweiterte Schau wieder in Frankfurt am Main und präsentiert neben den farbigen Bronzen der Riace Krieger und anderer Großbronzen auch bislang noch nie gezeigte Rekonstruktionen und neue Forschungsergebnisse. Die Arbeiten der beiden Archäologen Vinzenz Brinkmann und Ulrike Koch-Brinkmann ermöglichen einen faszinierenden Blick auf das Phänomen der Statuenpolychromie.

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Bunte Bronzen: Die Riace Krieger A und B vor Figuren des Aphaiatempels im Frankfurter Liebieghaus
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Experimentelle Farbrekonstruktion des Bogenschützen

Der Bogenschütze, als Giebelfigur des Aphaiatempels, stellt wohl den Trojaner Paris dar. Ganz sicher ist das nicht. Sicher ist jedoch, dass die antiken Künstler keinen griechischen Bogenschützen darstellten wollten, da seine Kleidung eher an die Völker der Skythen oder Thraker erinnert. Das fiel dem damaligen Betrachter aufgrund der starken Farben und bunten Muster gleich auf. Bemerkenswert an der Bemalung ist, dass sich das geometrische Muster auf der engen Strumpfhose wirklichkeitsgetreu dehnt und staucht, wenn sich der Stoff an die Körperform anpasst. Hier zeigen sich malerischen Können und geometrisches Wissen der antiken Künstler.

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Kleine Herkulanerin – Farbrekonstruktion

Erstmals in der Ausstellung “Bunte Götter” wird eine farbige Rekonstruktion der sogenannten kleinen Herkulanerin der Öffentlichkeit präsentiert. Die berühmten Originale sind seit kurzem wieder in Dresden zu sehen. Die dicken, am Kopf anliegenden Zöpfe, der Frauenstatue waren mit rotbraunem Ocker grundiert und wurden dann mit Umbra hell- und dunkelbraun nuanciert. Das Rouge im Gesicht, die Lidstriche und die Goldreflexe im Gesicht findet sich so auch in Darstellungen auf Tongefäßen aus der Zeit. Wie das antike Original orientiert sich auch die Rekonstruktion an einer möglichst lebensechten Darstellung. Um den richtigen Hautton zu treffen, mischte man in die gelb-, rot-, weißen Hauttöne ein bisschen ägyptisch Blau. Erst dieser Blauschimmer, wie von feinsten Äderchen unter hellem Teint, machte die Farbe lebensecht.

Wirklich aufsehenerregend ist die Bemalung der Gewänder. Der grünliche Mantel ist halbtransparent und lässt an einigen Stellen scheinbar den Blick auf das altrosa Unterkleid oder den nackten Arm zu. Nur so lassen sich die gefundenen Farbreste auf der Statue erklären. Hier nutzen die antiken Künstler illusionistische Maltechniken. Indem man an den richtigen Stellen Rosa oder Hautton auftrug, schuf man den Eindruck, dass man durch die Gewänder hindurchsehen konnte.

Ein Highlight der Ausstellung ist eine farbige Rekonstruktion von Teilen des Alexandersarkophages. Auch wenn eine Darstellung Alexander den Großen zeigt, der zu Pferde in den Kampf der Griechen gegen die Perser eingreift, wurde nicht er in dem Sarkophag bestattet, sondern sein Freund, der sidonische König Abdalonymos. In der Darstellung des wilden Schlachtgetümmel hat man 22 verschiedene Farbpigmente identifizieren können. Während die Perser an ihrer bunten Kleidung zu erkennen sind, wurden die Griechen nackt kämpfend dargestellt. Sicher ein Ausdruck künstlerischer Freiheit als eine Darstellung der Realität. Aber nicht alles ist fiktiv. Das Motiv auf der Innenseite des Schildes, dass der persischen Krieger ganz links hochhält, ist die ziemlich genaue Darstellung eines Reliefs aus der persischen Hauptstadt Persepolis, das der antike Künstler offenbar kannte.

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Darstellung Alexander des Großen

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Alexandersarkophag

Der idealisierte weibliche Portraitkopf links, nach dem Archäologen Georg Treu “Treu-Kopf” genannt, ist halb ausgeführt, um den Malprozess nachvollziehen zu können. Zunächst wurde der blanke Marmor geglättet, dann Augen, Iris und Augenbrauen mit Beinschwarz konturiert und abgedunkelt. Danach wurde eine Schicht Hautfarbe aufgetragen und Verschattungen hinzugefügt. An der linken, noch nicht übermalten Augenbrauenpartie ist dies noch zu sehen.

Das Portrait in der Mitte ist ein Kriegerkopf aus dem Ostgiebel des Aphaiatempels auf Ägina in einer experimentellen Farbrekonstruktion. Der Portraitkopf rechts zeigt den römischen Kaisers Gaius Caesar Augustus Germanicus, genannt Caligula. In der Ausstellung im Frankfurter Liebieghaus sind verschiedene Farbrekonstruktion vom ihm dargestellt. In den fünfziger Jahren, als die Büste im Handel war, drückten die originalen Farbreste noch den Verkaufspreis. Das edle und reine Marmorweiß war gefragter.

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Verschiedene Interpretationen der Farbigkeit des Gewandes einer Musenstatue

Eine Originalskulptur aus der ständigen Sammlung, eine Muse, ist das Vorbild für diese Reihe kleinerer Nachbildungen in verschiedenen Vergleichsvarianten. Ganz links steht eine Replik gänzlich ohne Bemalung, daneben eine Version mit nur den tatsächlich am Original gefundenen Farbresten. Daran setzen die Farbrekonstruktionen der nachfolgenden Statuen an. Das malachitgrüne Untergewand der Statue B ließ sich war nicht anhand von Farbresten nachweisen, diese Möglichkeit ist aber aus Wandmalereien bekannt. Die letzte Variante D geht am weitesten in der Interpretation. Die ornamentale Friese mit den Pferdemotiven sind weiter ausgeführt und weitere zeittypische Ornamente wurden ergänzt. Die Greife, Mischwesen aus Raubtier mit Vogelkopf, sind von Vasenmalereien und von anderen Skulpturen aus der Zeit bekannt.

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Farbige Rekonstruktion des Gewandes mit ausgeschmückter Ornamentik

Die Informationen zu meinen Fotos habe ich weitgehend dem gut gemachten Audioguide entnommen, der kostenlos für IOS und Android Smartphones angeboten und von der Schauspielerin Anna Thalbach gesprochen wird. Außerdem informiert ein multimediales Digitorial mit Texten, Bildern sowie Video- und Tonaufnahmen über die Ausstellung.

Liebieghaus Skulpturensammlung, Schaumainkai 71, 60596 Frankfurt am Main

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2 Replies

  1. Danke für die spannenden Infos und den Ausstellungstipp (also für Tongeren)!
    Speziell dieser Trick, Gewänder durchscheinend wirken zu lassen, ist eindrucksvoll.
    Auf dem Foto kann man es richtig gut sehen.

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