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Gladiatoren – Helden des Kolosseums

Das Archäologische Museum Hamburg zeigt noch bis 17. Oktober 2021 die Sonderausstellung Gladiatoren – Helden des Kolosseums. Lebensgroße Figuren, Filme und interaktive Stationen informieren über einen wichtigen und oft falsch dargestellten Teil der antiken Kultur.

Rund 500 Jahre lang bestand das Gladiatorenwesen als wichtiges Element der römischen Kultur im ganzen Imperium Romanum. Entwickelt aus einem Totenkult, wurden die Gladiatorenkämpfe Teil der antiken Unterhaltungsindustrie, aber auch Instrument der staatlichen Propaganda und Mittel der politischen Werbung. Gladiatoren verkörperten römische Tugenden wie Siegeswille, Todesverachtung und Tapferkeit. Sie waren Teil einer populären Kultur, manche Kämpfer wurden berühmt, gleichzeitig waren sie in der sozialen Hierarchie der römischen Gesellschaft noch niedriger angesiedelt als Sklaven.

Wenige Gladiatoren wurden dies aus freien Stücken, die meisten waren Sklaven und wurden von ihren Besitzern in die Arenen verkauft. Ihre Manager investierten in Ausbildung und Training der Gladiatoren, finanzierten ihren Lebensunterhalt und ihre medizinische Versorgung. An den Siegen des Gladiators und den damit verbundenen Preisgeldern der Veranstalter und Sponsoren verdienten sie kräftig mit. Wahrscheinlich auch am Verkauf von Souvenirs und Merchandising-Produkten.

Bekannte Gladiatorentypen zeigt die Hamburger Ausstellung an lebensgroßen Figuren. Links im Hintergrund zwei Gladiatoren vom Typ Provocator. In der Mitte Gladiatoren vom Typ Thraex (gelber Schild) und Murmillo (dunkelblauer Schild). Rechts im Hintergrund Gladiatoren vom Typ Secutor und Retiarius.

Der Gladiatorenkampf in der Arena war kein wildes Handgemenge mit einer großen Anzahl von Toten, sondern ein streng reglementierter Kampf unterschiedlich bewaffneter und ausgerüsteter Gladiatoren. Trotz der unterschiedlichen Ausstattung wurde auf Chancengleichheit geachtet. Jeder Typus hatte durch seine Ausrüstung Vor- und Nachteile. Ein Helm schützte z.B. den Kopf, kleine Augenlöcher schränkten jedoch das Blickfeld ein. Es kam darauf an, wie geschickt ein Gladiator im Umgang mit seinen Waffen war und was ihm seine Trainer beibringen konnten. Vermutlich endete jeder zehnte Kampf mit dem Tod eines Gladiators.

Der Murmillo trägt die Ausrüstung römischer Legionäre: Gladius und Scutum. Als Schutzkleidung hatte er einen Armschutz und eine bis kurz unter das Knie reichende Beinschiene am linken Bein. Er trug einen Helm mit Visier und hohem, geraden Kamm, der zusätzlich mit bunten Federn geschmückt war. Sein Gegner war üblicherweise der Thraex, dessen Waffen auf seinen Ursprung auf der östlichen Balkanhalbinsel verweisen. Der Thraex war mit einem Schwert mit gekrümmter Klinge bewaffnet. Zum Schutz trug er einen Helm mit Visier und am rechten Arm einen gesteppten Armschutz. An beiden Beinen trug er gesteppte Beinschützer, darüber bronzene Beinschienen. Außerdem führte er einen kleinen Schild.

Der Provocator, der Herausforderer, kämpfte mit einem mittelgroßen Rechteckschild und dem Kurzschwert der römischen Infanterie. Meist trat er gegen einen anderen Provocator an. Sein Helm hat einen schräg abfallenden Nackenschirm und ein Visier. Als Schutz dienten ihm außerdem noch eine Beinschiene am linken Bein und am rechten Arm eine Armschiene. Den Oberkörper schützt ein Brustblech.

Ein ungewöhnlicher Gladiator war der Retiarius. Mit Wurfnetz, Dreizack und Dolch bewaffnet, trat er überwiegend gegen den Secutor an. Der Netzkämpfer hatte keinen Schild und trug auch keinen Helm. Als Schutz diente ihm lediglich der Schulterschirm und eine Schiene am linken Arm. Dafür war er ziemlich flink und beweglich. Meist versuchte er, das Netz über seinen Gegner zu werfen.

Der Secutor, Verfolger, ist besser geschützt als der Retiarius, doch die kleinen Sehlöcher seines Helmes schränken sein Blickfeld erheblich ein und sein großes Schild machen seine Bewegungen mit der Zeit immer schwerfälliger. Um dem Wurfnetz seines Gegners wenig Angriffspunkte zu bieten, trug er einen eiförmigen, glatten Helm. Als Waffe führte er das Kurzschwert.

Die Sonderausstellung Gladiatoren – Helden des Kolosseums im Archäologischen Museum Hamburg zeigt auch schöne Modelle und Animationen der größten Gladiatorenkampfarena im Römischen Reich, dem flavischen Amphitheater. Das heute als Kolosseum bekannte Wahrzeichen Roms hat Kaiser Vespasian über dem Palast seines besiegten Vorgängers Kaiser Nero errichten lassen und mit der Beute aus dem Jüdischen Krieg finanziert.

Ungefähr 50.000 Menschen fanden Platz im größten der Amphitheater der römischen Welt, von denen heute etwa 300 in den Ländern rund um das Mittelmeer bekannt sind. Die Amphitheater führten allen die Hierarchie der Gesellschaft und seinen Platz hierin vor Augen: unten, nahe am Geschehen, die Senatoren. Etwas höher, die Angehörigen des Ritterstandes. Darüber die männlichen römischen Bürger und ganz oben Frauen, ungeachtet ihres gesellschaftlichen Standes. Und dennoch war das Amphitheater auch eine Begegnungsstätte aller Gesellschaftsschichten.

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Vespasian, der erste römische Kaiser aus der flavischen Dynastie

Die ludi, Gladiatorenschulen, waren die Ausbildungsstätten der Gladiatoren. Mehr als 100 von ihnen gab es im römischen Reich. Der ludus magnus war die größte der Gladiatorenschulen, lag östlich des Kolosseums und war mit diesem durch ein unterirdisches Tunnelsystem verbunden. Im Zentrum befand sich die Trainingsarena, in den umgebenden Gebäuden waren die Unterkünfte der Kämpfer. Die Gladiatorenschule in Capua erlangte Berühmtheit, da Spartacus hier den berühmten Sklavenaufstand anzettelte. Der ludi in Pompeji ist sehr bekannt, da er gut erhalten ist und hier zahlreiche Ausrüstungsgegenstände gefunden wurden, wie der bronzene Krempenhelm eines Thraex und die reich verzierten Beinschienen, die in der Hamburger Ausstellung gezeigt werden.

Sonderausstellung Gladiatoren – Helden des Kolosseums im Archäologischen Museum Hamburg. Noch bis zum 17. Oktober 2021.

Unter dem Titel Gladiatoren. Tod und Triumph im COLOSSEVM waren die Gladiatorenfiguren unter anderem 2015 im Frankfurter Archäologischen Museum zu sehen.

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