In der Serie Domina wird das Ende der Römischen Republik und der Aufstieg Gaius Octavius zum ersten Kaiser Roms aus der Perspektive seiner Ehefrau Livia Drusilla erzählt. Wie schlägt sich die neue Sky Produktion im Vergleich zum Platzhirschen Rom von HBO?
Die achtteilige Sky-Serie Domina erzählt von den Machtkämpfen während des Aufstiegs und der Regentschaft des ersten römischen Kaisers Augustus aus der Perspektive seiner Ehefrau Livia Drusilla. Ist Livia dabei „ein lebenslustiges Mädchen, dass sich in ein Monster der Macht verwandelt“ (Stern), „die Frau, die sich in einer brutalen Männerwelt behauptet“ (FAZ) oder „der klügste Mann in Rom“, wie Gaius Maecenas in einer Folge zu seinem Freund Octavius sagt? Livia Drusilla ist offenbar eine Frau, die den Willen hat, sich zu behaupten und die Intelligenz, das auch zu schaffen. Sie tut das mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln und Möglichkeiten, rational die Risiken kalkulierend. Bemerkenswert. Für eine Frau. Nicht nur für eine Frau.
Der Vergleich der Serie Domina mit der Serie Rom drängt sich natürlich auf und die Messlatte liegt dann gleich sehr hoch. Rom hat Maßstäbe gesetzt. Historisch gesehen kann man beide Serien gut vergleichen. Es geht um das Ende der römischen Republik – und das Ende der 100 Jahre andauernden Bürgerkriege – und den beginnenden Aufstieg von Gaius Octavius, dem späteren Kaiser Augustus. Die Serie Domina spielt zwischen 43 vor Chr., als Livia ihren (ersten) Mann Tiberius Claudius Nero heiratet und endet im Jahr 20 vor Chr. mit dem Tod von Marcus Claudius Marcellus, dem Neffen des Augustus. Die Serie Rom ist zwischen den Jahren 50 vor Chr. bis 29 vor Chr. angesiedelt. Beide Serien wurden übrigens in der italienischen Filmstadt Cinecitta in Rom gedreht.
In der Serie Rom kommt Livia Drusilla nur in wenigen Szenen vor, die noch nicht einmal eine Nebenrolle ausfüllen. So darf sie einmal begeistert jauchzen, als Octavius sie auf einem Empfang zwischen zwei Gesprächen kurz fragt, ob es ihr gefallen würden, seine Ehefrau zu werden. Später fordert er sie bei einem Familienessen (das etwas aus dem Ruder läuft) auf, ein gebratenes Täubchen zu probieren, was sie kommentarlos tut. Am Ende der Serie muss sich Livia von Atia, der Mutter Octavius, in die Schranken weisen lassen. Die Rolle der aktiven und machbewussten Frau in der Serie Rom hat das Drehbuch nämlich für Atia von den Juliern vorgesehen. Insofern nimmt die Serie Domina eine neue Perspektive ein und erzählt die Geschichte vom Aufstieg des ersten Kaisers Roms nicht als Projekt der Freundschaft dreier Männer (Octavius, Agrippa und Maecenas) sondern als ihren Plan, wie sich Augustus die Macht sichern kann und sie damit gleichzeitig ihre Position stärkt.
Eine Schlüsselszene zeigt, wie der römische Senat Gaius Octavius mit noch mehr Macht ausstattet, obwohl einflussreiche Senatoren genau das Gegenteil angestrebt hatten. Eingefädelt hat das Finale im Senat Livia, moderiert wird das Schaustück von Agrippa. Am Ende rufen die Senatoren “Geh nicht Gaius, geh nicht Gaius”, während seine Gegner nur noch die Faust in der Toga ballen können.
Mein Problem mit Domina im Vergleich zu Rom ist, dass ich nicht wirklich eine Beziehung zu den dargestellten Personen aufbauen kann. Neben den zentralen Figuren Livia und Gaius Octavius bleiben viele andere Akteure eher blass und werden ohne Tiefe dargestellt. Gaius Maecenas beispielsweise, hat in der Serie Rom zwar auch keine große Rolle, aber einen Charakter. Er wird als intrigantes Schwein dargestellt, der zudem seinen Freund um Geld betrügt. In Domina läuft Maecenas nur so mit. Damit wird auch die Möglichkeit verschenkt, mehr Spannung und Dramatik in die Serie zu bringen.
Denn als weiteres Problem empfinde ich, dass die Handlung bei Domina im Grunde ohne große Spannungsbögen und Überraschungen verläuft. In der Serie Rom haben die Nebengeschichten für Spannung gesorgt: beispielsweise die Entführung der Kinder von Vorenus, der Kampf der Kollegien um den Aventin oder der Tod von Pullos Frau. In der Serie Domina fehlt mir das. Das Livia zur mächtigen Frau wird, ist von Anfang an klar. Dass ist ja die Geschichte. Jedes Problem, vor dass sie gestellt wird, wird sie lösen. Dass sie am Ende der Staffel ihre Finger beim Tod von Marcellus mit im Spiel hat, ist erwartbar. Wie sie da gemacht hat, ist originell. Aber eben nicht spannend. Fehlende Spannung und vor allem Tiefe in den Nebensträngen der Handlung führen meiner Ansicht nach zu einem dritten Problem.
Die Serie Domina macht es dem Zuschauer nicht leicht, der Geschichte überhaupt zu folgen. Denn die besteht im Kern darin, dass Livia ihre Konkurrenz kleinhalten oder ausschalten muss, um sich selbst zu behaupten und ihre Macht auszubauen. Die Konkurrenz kommt aus der Familie. Wessen Kinder könnten einmal die Nachfolge von Augustus antreten? Denn Livia und Octavius bekommen keine eigenen Kinder. Da gibt es Drusus und Tiberius, die Kinder Livias aus erster Ehe mit Tiberius Claudius Nero. Außerdem Julia, die Tochter Gaius Octavius und dessen zweiter Frau Scribonia. Und Iullus Antonius, den Sohn von Marcus Antonius, der auf Betreiben von Gaius Octavius Schwester Octavia ihre Tochter Claudia Marcella aus erster Ehe heiraten soll. Auch Marcellus, der am Ende der Serie stirbt, war ein Sohn von Octavia aus erster Ehe und möglicher Anwärter auf Augustus Nachfolge. Dazu kommen Gefolgsleute und Vertraute, zeitweilige Bündnispartner und Verräter. Das wird schnell unübersichtlich und macht keinen Spaß, wenn man sich häufig fragen muss, wer ist das jetzt? Dafür hätte es mehr Zeit, Tiefe und Spannung gebraucht.
Immerhin: Die Serie Domina ist m.M. viel besser als die Serie Barbaren, bei der ich nach zwei Folgen wegen Fremdschämens erstmal pausieren musste. Mit der Serie Rom kann sie jedoch nicht mithalten. Sie kann aber besser werden. Denn die Serie Domina muss ja noch nicht zu Ende sein: Drusilla überlebte Augustus und lebte bis ins Jahr 29 nach Christus. Das sind vom Ende der – sagen wir mal – ersten Staffel noch 49 Jahre. Da geht was …