Der Tag, an dem Russel Crowe und ich Pompeji besuchten, war ein heißer Tag im Juli. Wir waren beide auf Urlaub in Italien und besichtigten eine der wohl berühmtesten Städte Italiens. Doch dazu später mehr.
Dieses Jahr war ich wieder ein paar Tage in Neapel und Pompeji stand auf meiner Besichtigungsliste. Nach 20 Jahren ist das Haus der Vettier wieder für die Öffentlichkeit zugänglich und ich will außerdem die Wahlkampfinschriften an einigen der Häuser fotografieren. Mit dem Zug ist man schnell da. Strahlend blauer Himmel und schon vormittags 30 Grad.
Das Forum von Pompeji war wie in jeder römischen Stadt das Zentrum von Handel, Politik und Religion. Hier kauften die Einwohner und Bewohner der umliegenden Dörfer auf dem Hauptlebensmittelmarkt ein, fanden in der Basilika Gerichtsprozesse statt, wurden in den Tempeln den Göttern und dem Kaiserhaus gehuldigt. Wie der Forumsplatz mit seinem Marmorboden, den vergoldeten Statuen, Ehrenbögen und den umlaufenden Säulengängen einst aussah, vermittelt das Video einer 3D-Rekonstruktion.
Heute sind die Überreste des Forums für viele Touristen der erste Anlauf- und Orientierungspunkt in Pompeji. Wenn im Sommer die Sonne herunterbrennt, merkt man, wozu die Portiken gut waren.
Ich schließe kurz die Augen und stelle mir vor, in der Antike zu sein und meiner Heimatstadt, die ich vor 25 Jahren verlassen habe, einen Besuch abzustatten. Vielleicht ist es das Jahr (78) in dem Lucius Ceionius Commodus und Decimus Iunius Novius Priscus Konsuln sind und der alte Vespasian Kaiser. Ich habe meine Zeit in der Legion hinter mir und überlege, was ich mit meinem weiteren Leben anfange. Ich beginne damit, meinen alten Jugendfreunden Aulus Vettius Conviva und Aulus Vettius Restitutus einen Besuch abzustatten, die hier ein kleines, aber prächtiges Haus haben.
Ich mache die Augen wieder auf und mich auf den Weg, gehe an den Forums-Thermen vorbei, höre den Lärm, den die Sportler, Masseure und Verkäufer machen, drängele mich durch den Ehrenbogen des Caligula die Straße des Merkurs hoch. Irgendwo hier muss es sein. Am Ende der Gasse liegt das Haus der Vettii, sagt mir einer.
Die beiden Brüder haben etwas aus ihrem Leben gemacht, als Freigelassene allemal. Das Haus steht unter dem Schutz von Priapus, dem Gott des Wohlstands, der rechts von der Tür gemalt ist und den wirtschaftlichen Wohlstand der Eigentümer symbolisiert. Der Handel mit Wein scheint lukrativ zu sein. Und ein paar weitere Einnahmen haben Conviva und Restitutus sicher auch.
Ich betrete das Atrium des Hauses. Der Boden besteht aus weißem Mosaik. Über das Wasserbecken fällt mein Blick auf den Garten, der von Säulenhallen umgeben ist. Das Peristyl ist mit Statuen geschmückt, kleine Wasserfontänen steigen auf. Die Räume von denen man auf das Peristylium blicken kann, sind mit Wandmalereien reich ausgestattet. Wer das gemacht hat, hat sein Handwerk verstanden. Im Küchenbereich ist ein Lararium auf die Wand gemalt. Der Kultschrein der Schutzgötter des Hauses und der Familie ist hier nicht so aufwendig gestaltet, mit Altar und Nischen für die Götterfigürchen.
Als ich gehe, fällt mir ein Graffiti am Eingang des Hauses auf. Eutychis, eine Sklavin, bietet ihre Dienste als Prostituierte hier im Haus an. Die „Griechin mit angenehmen Manieren“ nimmt zwei Asse von ihren Kunden. Da haben wir schon eine der weiteren Einnahmen der Vettii-Brüder.
Ich beschließe mir weiter die Stadt anzusehen und schlendere die breite und schnurgerade Via Stabiana Richtung Süden zum Stabianer Tor herunter. Einen Moment überlege ich, zum Isis-Tempel zu gehen und der ägyptischen Göttin meinen Respekt zu erweisen. In meiner Centurie in Judäa hatte Isis viele Anhänger. Ich biege dann aber lieber in die Decumanus Maximus ein. Durst ist manchmal stärker als Glaube. Die Götter verstehen das.
In Asellinas Schänke genehmige ich mir einen Becher mit Wasser versetzten Wein, stehe herum und schaue mir die Reklametexte an, die kunstvoll in roter Farbe auf die Hauswand geschrieben sind „Asellina”, steht dort, “bittet darum, Ceius Secundus in die Stadtregierung zu wählen.” In einer anderen Wahlwerbung bitten Asellinas Kolleginnen Aegle, Maria und Zmyrina “Gaius Lollius Fuscus zu wählen.” Jetzt mischen sich schon Frauen in die Politik ein. Was kommt als nächstes? Das die wählen wollen? Verrückte Zeiten. Früher gab es das nicht.
Solche Gedanken machen Hunger und ich gehe ein paar Schritte weiter zum Schellimbiss von Vetutius Placidus. Hier soll das Essen besser sein, habe ich gehört. Dem Andrang nach zu urteilen, stimmt das wohl. Als ich dran bin, bestelle ich eine Portion von dem Linseneintopf mit gebratener Ente, das in einer der großen eingelassene Amphoren aus Terrakotta warmgehalten wird.
Essen nur in Gedanken macht nicht satt und das leichte Hungergefühl bringt mich in die Realität zurück. Die Tüte Nusskernmischung die ich dabei habe und die Flasche Wasser reichen für den Moment, bringen mich aber auch dazu, langsam den Rückweg anzutreten. Auf der Via dell’Abbondanza ist die Rush Hour in Pompeji bereits im Gange und ich lasse mich mit der Menge Richtung Ausgang treiben.
Ach ja, Russel Crowe. Der Tag, an dem Russel Crowe und ich Pompeji besuchten, was der 9. Juli 2023. Leider habe ich von Crowes Aufenthalt erst im Nachhinein erfahren. Schade, dass wir uns nicht über den Weg gelaufen sind. Die Darstellung des römischen Feldherren Maximus Decimus Meridius im Kinofilm Gladiator hat Russel Crowe vor 20 Jahren weltweit bekannt gemacht. Ein großartiger Film. Ende nächsten Jahres soll Gladiator 2 in die Kinos kommen.
Archäologischer Park Pompeji Webseite und auf Google Maps.