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Archäologische Staatssammlung München wieder auf

Die Archäologische Staatssammlung München ist seit April wieder auf. Zu sehen gibt es unter anderem zeitlose Konzepte und Werkzeuge der alten Römer, die auch heute noch oder heute wieder aktuell sind.

Die Archäologische Staatssammlung München ist seit dem 17. April 2024 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Seit 2016 war das Museum für die Generalsanierung geschlossen. Bei schönstem Museumswetter war ich am Eröffnungswochenende in München mit dabei. Fazit: hat Spaß gemacht!

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Straßenbahnhaltestelle Nationalmuseum / Haus der Kunst an der Lerchenfeldstraße Ecke Prinzregentenstraße und nahe des Englischen Gartens.

Einen bedeutenden Teil der Ausstellung in der Archäologischen Staatssammlung machen Funde aus der Römerzeit aus. Das heutige Bundesland Bayern war in der Antike Teil der römischen Provinzen Rätien, Noricum und Obergermanien. Die Römer herrschten hier seit der Eroberung des Alpenraums unter Kaiser Augustus um 15 vor Christus bis ins fünfte nachchristliche Jahrhundert. Bedeutende Orte waren die Hauptstadt der Provinz Rätien, Augusta Vindelicum, das heutige Augsburg, und Castra Regina, das Hauptquartier der Legio III Italica, Keimzelle der modernen Stadt Regensburg. Entlang des Obergermanisch-Rätischen Limes existierten zahlreiche namentlich bekannte Militärstützpunkte wie beispielsweise Abusina, Biriciana oder Sorviodurum und andere Orte, deren Namen noch unbekannt sind. Im Hinterland der Grenzregion wurden Städte wie Cambodunum gegründet.

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Baukörper des Museums aus rostfarbenen Stahlplatten. Aus diesem Cortenstahl findet man originalgroße Figuren römischer Legionäre am Limes bei Burgsalach und Pförring.

Ein wichtiger Hebel der Romanisierung in den Provinzen war das Militär. Junge Männer der einheimischen Bevölkerung wurden in großem Umfang für die Hilfstruppen der römischen Armee rekrutiert. Das war neben einem hohen sozialen Status vor allem durch den Erwerb des römischen Bürgerrechts attraktiv. Dieses wurde am Ende des 25-jährigen Militärdienstes verliehen und umfasste auch die Familienangehörigen des Veteranen sowie die Nachkommen. Das Konzept ist zeitlos: Anfang diesen Jahres machte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius den Vorschlag, die Bundeswehr auch für Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit zu öffnen. Auch andere Länder Europas bieten diese Möglichkeit.

Dokumentiert wurde das römische Bürgerrecht durch zwei zusammengehörige und gesiegelte Bronzetafeln, die heute Militärdiplome genannt werden. Die hier in die Illustration eingebundene Urkunde war für den Veteran Angustus, Sohn des Artissius, vom keltischen Stamm der Vindeliker ausgestellt. Er trat im Jahr 71 in die Reitereinheit Ala Gallorum Atectorigiana ein und wurde Ende des Jahres 96 in der Provinz Niedermösien an der Unteren Donau, wohin die Einheit im Laufe seiner Dienstzeit verlegt worden war, ehrenvoll aus der Armee entlassen.

Überhaupt sind die Illustrationen von Frank Schmolke ein besonderer Blickfang in der neuen Dauerausstellung der Archäologischen Staatssammlung München, gerade für die kleinen Objekte wie das Militärdiplom, aber auch einen bronzenen Wasserspeier.

In römischer Zeit wurden Brunnen und Badeanlagen meist durch frisches Quellwasser versorgt, dass oft kilometerweit über Wasserleitungen zum Verbrauchsort geführt wurde. Dort sprudelte es unablässig in Brunnentröge, Zier- und Badebecken. Die Wasserausläufe waren oft kunstvoll gestaltet, wie bei diesem bronzene Wasserspeier aus einem römischen Gutshof. Er zeigt das Gesicht des Meeresgottes Oceanus. Aus dem geöffneten Mund quoll einst der Wasserstrahl. Auf der Rückseite war ursprünglich das Bleirohr der Druckwasserleitung angelötet.

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Ein besonders eindrucksvolles Objekt der Archäologischen Staatssammlung München ist ein großes Bodenmosaik. Es ist der am besten erhaltene Mosaikboden in der gesamten römischen Provinz Rätien und zierte ehemals den Speiseraum einer prachtvollen Villenanlage. In der halbrunden Nische waren die Speiseliegen aufgestellt. Von dort ging der Blick über ein Wasserspiel in der Mitte des Steinbodens in die anschließende Gartenanlage mit Säulenumgang.

Die Motive des Mosaiks gliedern sich in mehrere Themenbereiche. Im quadratischen Hauptteil sind mythologische Seewesen und Delphine dargestellt. Im Übergangsbereich zur Nische erkennt man eine Hirschjagd mit Jägern und Hunden. In der Apsis erscheinen Bär und Stier als Szene aus der Tierkampfarena. Aus Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz ist ein ähnlicher Mosaikboden einer großen Villa bekannt.

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Das Stuttgarter Atelier Brückner hat die Räume der Dauerausstellung um zwei Themenrundgänge neugestaltet. Vom Raum 1 “Der Menschen” über u.a. die Räume 5 “Geschichten” mit den Bodenvitrinen und 10 “Weltmacht Rom” mit dem großen Illustrationen in der Mitte bis zum Raum 11 “Ich, Wir und die Anderen”. Es gibt einen sehr gut gemachten Multimedia Guide für Smartphone und Tablets. Man kann ihn auch über das Internet nutzen, um sich beispielsweise auf den Besuch der Archäologischen Staatssammlung vorzubereiten oder sich noch einmal über Gesehenes nachträglich zu informieren.

Funde aus einer antiken Waffenkammer werden im Raum 5 als eine der Geschichten in einer Bodenvitrine präsentiert. Es handelt sich um Teile von Kurzschwertern und Dolchen, Lanzen- und Geschossspitzen, Pionieräxten, Zeltheringen und mehr. Vor allem die Pionieräxte, Dolabra genannt, sind zahlreich vorhanden. Dolabras sind eine Kombination von Axt und Hacke und wurden insbesondere für Schanzarbeiten eingesetzt. Das Design ist so zeitlos erfolgreich, dass man dieses Werkzeug heute noch im Baumarkt und Online-Handel kaufen kann. Kannste nicht besser machen!

Die Fundstücke stammen aus Ausgrabungen innerhalb des römischen Kastells im niederbayerischen Künzing. Dicht gepackt lagen in einer Grube insgesamt 400 eiserne Objekte. Er ist der bisher größte nördlich der Alpen entdeckte römische Eisenhortfund.

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Museumsbesuche machen müde (und zufrieden). Besucherinnen und Besucher nutzen den Nachbau einer römischen Ruheliege. Auf solchen Klinen saß oder lag machen auch in Speisesälen zu Tisch.

Die Archäologische Staatssammlung München – Museum für Vor- und Frühgeschichte Webseite und auf Google-Maps.

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