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Uthina – die Veteranenstadt

Die Veteranen von Octavians 13. Legion haben die Stadt vor 2000 Jahren gegründet. Die Veteranen von Rommels Afrikakorps haben sie vor 77 Jahren mit ausgegraben. Uthina ist heute eine der modernsten archäologischen Stätten in Tunesien und wenig besucht.

Keine Stunde mit dem Auto von Tunis entfernt liegt der kleine Ort Oudna. In der Zeit, als das heutige Tunesien zum Imperium Romanum gehörte, war das antike Uthina eine bedeutende und wohlhabende Stadt im Tal von Oued Miliane. Seit der Antike ist die Gegend für ihren fruchtbaren Boden bekannt. Die Bewohner bauten Oliven und Getreide an und profitierten vom Handel in der Region.

Im April 2022 wurde der neue Empfangsbereich der archäologischen Stätte Uthina eröffnet und eine Metallbrücke installiert, um den Zugang zum Gelände zu erleichtern und den Benutzern einen Panoramablick zu ermöglichen. Bei meinem Besuch im Mai 2024 waren vielleicht zehn Besucher (und ein Kamerateam) auf dem weitläufigen Areal unterwegs.

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Eingang zur Archäologischen Stätte Uthina mit Verwaltungsräumen, Informationstafeln, Cafe und Souvenirshop.

Die Gründung von Uthina wird auf die Zeit der frühen römischen Herrschaft in Nordafrika datiert. Nach der Zerstörung Karthagos im Jahr 146 vor Christus und der anschließenden Eroberung der Region begann Rom im ersten Jahrhundert, Kolonien in der neu gegründeten Provinz Africa Proconsularis zu etablieren. Uthina wurde wahrscheinlich zwischen 44 und 27 v. Chr. unter Octavian als Colonia Julia Tertiadecimanorum Uthina gegründet.

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Steinerne Erinnerung an die Gründung von Uthina für Veteranen der 13. Legion vor der Metallbrücke zum archäologischen Areal.

Wie so manche andere Stadt im römischen Reich, war Uthina eine Veteranenkolonie für ausgediente Soldaten. In diesem Fall für Angehörige der 13. Legion, worauf die Nummer auf dem großen Sandsteinblock verweist. Er wurde 1999 im Bereich des Kapitols der antiken Stadt gefunden und stammt aus der hohen Kaiserzeit. Ehemalige Soldaten in den eroberten Gebieten anzusiedeln, diente sowohl der Verwaltung und militärischen Sicherung der neuen Regionen als auch der Verbreitung der römischen Kultur.

Nach dem Ende des Bürgerkrieges ist die 13. Legion zur Zeit des Kaisers Augustus entweder aufgelöst, oder mit einer anderen Einheit zusammengelegt worden und bildete dann die Legio XIII Gemina (die 13. Zwillingslegion). In der TV-Serie Rom spielt die 13. Legion zur Zeit des Bürgerkrieges zwischen Cäsar und Pompeius und dem Aufstieg Octavians eine zentrale Rolle.

Die fruchtbaren Region mit ihrer landwirtschaftlichen Nutzung und die Lage an der wichtigen Handelsroute begünstigte Wachstum und Wohlstand Uthinas, wovon die heutigen Ruinen der Stadt noch zeugen. Das Amphitheater für Gladiatorenkämpfe und andere öffentliche Veranstaltungen mit einer Kapazität von etwa 16.000 Zuschauern lag an der Nordseite der Stadt und war nach den Arenen in Thysdrus und Karthago eines der größten Amphitheater in Nordafrika.

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Von überall sichtbar: der Kapitolshügel mit den Überresten des wichtigsten Tempels der Stadt.

Von den großen Thermen in Uthina sind heute noch bedeutende Überreste zu sehen. Die Zisternen und Betriebsräume im Untergeschoß sind noch erhalten und zugänglich. Zu erkennen sind auch noch die Heißbäder mit dem darunterliegenden Hypokaustum, durch das die heiße Luft strömte. Die Gewölbe der Kaltbäder sind eingestürzt, doch das Becken ist noch zu erkennen. Erbaut wurde die Badeanlage wohl Ende des ersten, Anfang des zweiten Jahrhunderts und später noch einmal erweitert. Die Inschrift auf einem Mosaik aus den Thermen legt nahe, dass die Anlage von der Familie der Laberii gestiftet wurde.

Deren einstige Villa, das sogenannte Laberii-Haus, liegt unweit der Ruinen der großen Therme und gehörte einst zu den schönsten Häusern von Uthina. Es war um einen Peristylhof und einen Garten angeordnet und mit schönen Bodenmosaiken ausgeschmückt. Einige befinden sich heute im Bardo-Museum in Tunis. Vor Ort unter dem freien Himmel liegen Kopien.

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Die Ruinen des Kapitols liegen auf einer Anhöhe und ermöglichen von allen Stellen des archäologischen Bereiches eine gute Orientierung.

Ein herausragendes Monument der archäologischen Stätte Uthina und seinerzeit das religiöses Zentrum der Stadt war der Kapitolstempel. Der monumentale Bau war den Göttern Jupiter, Juno und Minerva geweiht. Der Tempel stand auf einer Anhöhe zu der eine breite Treppe hinaufführte. An der Vorderseite standen sechs hohe Säulen korinthischer Ordnung, an den Seiten rechts und links zwei weitere Tempel. Eine Dokumentation mit virtuellen Rekonstruktionen der Schule für Architektur und Städtebau der Universität Tunis zeigt die Größe und Pracht der Anlage. Heute sind lediglich Säulenreste auf dem Podest erhalten. Sie zeigen anschaulich die Marmorverkleidungen um die gemauerten Säulenkerne.

Bei meinem Besuch war ein tunesisches Filmteam vor Ort und drehte Szenen eines Filmes über Hannibal. Daher konnte ich mir nicht das Innere des einstigen Kapitoltempels ansehen, aber Fotos von den Schauspielern und Statisten machen.

Uthina erlebte seine Blütezeit während der Herrschaft Kaiser Hadrians. Im Sommer des Jahres 128 besuchte Hadrian die römischen Provinzen in Nordafrika. Der Kaiser war dafür bekannt, zahlreiche Provinzen zu bereisen, um die Verwaltung zu verbessern und die Verteidigung zu stärken. Von Sizilien reiste er nach Karthago und machte vielleicht auch Station in Uthina, bevor es nach Lambaesis weiterging. Uthina war eine wohlhabende Stadt mit einem der größten Kapitolstempel in Nordafrika und die Bewohner hätten bestimmt alles darangesetzt, den Kaiser in ihrer Stadt empfangen zu können. Allerdings habe ich keine konkreten Hinweise dazu gefunden. Auch Carole Raddato, die auf Hadrians Spuren reist, macht auf ihrem informativen Blog dazu keine näheren Angaben.

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Hier die Landstraße C36 verlassen und die Zufahrtsstraße zur archäologischen Stätte Uthina nehmen.

Während auf dem Gelände der archäologischen Stätte Uthina auch einige Pfeiler der einstigen Wasserleitung der Stadt zu sehen sind, liegen etwas entfernt von Oudna die gewaltigen Reste einer anderen römischen Wasserleitung. Der Zaghouan-Aquädukt zieht sich mehrere Kilometer an der Straße nach Tunis entlang. Die Leitung auf den charakteristischen Bögen eines Aquädukts brachte frisches Quellwasser aus den Bergen von Zaghouan über eine Strecke von etwa 132 Kilometern nach Karthago leitete. Kleinere Ruinen des Aquädukts sind auch in der Nähe des römischen Amphitheaters in Tunis zu sehen.

Wie kommen noch die im Teaser erwähnten Veteranen von Rommels Afrikakorps ins Spiel?

Seit dem neunzehnten Jahrhundert fanden die Ruinen des antiken Uthina die Aufmerksamkeit von Reisenden und Entdeckern. Die ersten Ausgrabungen wurden durchgeführt und topographische Karten erstellt. Zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden dann in der damaligen Kolonie Französisch-Nordafrika Kriegsgefangene der Wehrmacht und der italienischen Armee als “Gratisarbeitskräfte” bei Ausgrabungen der großen Bäder Uthinas eingesetzt, informiert eine der Informationstafeln im Empfangsgebäude. Im Jahr 1962 gingen die Ruinen von Oudna in den Besitz des neuen tunesischen Staates über, Ende 1992 wurde dann der Beschluss über den archäologischen Park und die weitere Erforschung gefasst.

Die Archäologische Stätte Uthina auf der Webseite der Agentur für die Entwicklung des Kulturerbes und der Kulturförderung Tunesiens und auf Google-Maps.

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2 Replies

  1. Danke für diese Freude am Sonntag. Ein toller Text und wunderschöne Fotos, Uthina habe ich sofort ins Herz geschlossen.
    Viele Grüße aus Quickborn
    J. S.

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