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Die peinlichen Alten: Denkmäler in Berlin

Zur Schau gestellt, beschädigt, vergraben, wieder enthüllt. Ausrangierte Skulpturen werden in einer Ausstellung in der Zitadelle Spandau gezeigt. Teil drei meiner Trilogie über Denkmäler in Berlin.

Berlin ist reich an Denkmälern und das 20. Jahrhundert war reich an politischen Umbrüchen. Immer wieder wurden Skulpturen aus dem öffentlichen Raum entfernt. In der Dauerausstellung Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler haben die Statuen des preußischen Militarismus, des Nationalsozialismus und der DDR-Diktatur ihren neuen Platz gefunden. Auch einige andere Statuen, wie sie heute noch im Tiergarten oder auf dem Kreuzberg zu sehen sind, werden in der Ausstellung gezeigt.

Die beiden Statuen des Schadow-Schülers Christian Daniel Rauch sind die sogenannten Genien von Paris und von Belle-Alliance. Sie erinnern an die Siege aus den Befreiungskriegen gegen Napoleon in Paris und bei Waterloo. Beide Figuren tragen eine Tunika und sind im Stil antiker Statuen geschaffen worden. Die linke Genia hält einen Stab, der an römische Feldzeichen erinnert. An der Spitze den preußischen Adler über einem Eisernen Kreuz in einem Kranz aus Eichenlaub. Die Gesichtszüge sind Luise von Mecklenburg-Strelitz nachempfunden. Sie war die Gemahlin König Friedrich Wilhelms III. von Preußen und Mutter Kaiser Wilhelms I. Eine Ikone der Bildhauerei des Klassizismus ist die Prinzessinnengruppe des Bildhauers Johann Gottfried Schadow, die sie in jungen Jahren zusammen mit ihrer Schwester Frederike zeigt. Die Genia rechts mit dem Olivenzweig, symbolisiert den Frieden. Das Gesicht hat Züge von Charlotte von Preußen, der Tochter Friedrich Wilhelms III.

Viel ist von der Nazi-Kunst nicht übriggeblieben, woran oft nicht die Sieger schuld sind. Die meisten Bronzeskulpturen endeten schon während des Krieges als “Metallspende” in der Rüstungsproduktion. Zu dem, was übrig geblieben und nach den Kriegswirren wieder aufgetaucht ist, gehören die “Schreitenden Pferde“ von Thorak. Der österreichischen Bildhauer Josef Thorak war neben Arno Breker einer der wichtigsten Künstler im Nationalsozialismus. Dessen Statue des Zehnkämpfers ist neben einem der Thorak-Pferde ausgestellt. Adolf Hitler schenkte den Zehnkämpfer einst seinem Reichssportführer, der die Statue in seiner Dienstvilla aufstellte. Nach dem Krieg tauchte die Bronzeskulptur im Garten einer von der britischen Besatzungsmacht genutzten Kaserne wieder auf, ohne die Plakette mit der Widmung Hitlers, und stand dort Jahrzehnte. Nazi-Kunst finden manchmal nicht nur Nazis schön.

Einen Saal weiter werden Hinterlassenschaften der Deutsche Demokratische Republik (DDR) präsentiert. Das Glasprisma “Ewige Flamme” aus der Alten Wache, die Stelen des Ernst-Thälmann-Denkmals und der Kopf der 20m hohen Lenin-Kolossalstatue. Wer den Film Good Bye Lenin gesehen hat, erinnert sich vielleicht noch an die Szene, in der der riesige Kopf an einem Hubschrauber über Berlin schwebte.

Die Dauerausstellung Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler ist im Proviantmagazin der Spandauer Zitadelle zu sehen. Auf YouTube gibt es ein informatives Video durch die Ausstellung und über die Frage, wie mit strittiger Kunst umgegangen wird und wer darüber entscheidet, welche Denkmäler aus dem öffentlichen Raum entfernt werden.

Video durch die Ausstellung Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler mit der Museumsleiterin Dr. Urte Evert

Der Beitrag Die peinlichen Alten ist Teil drei meiner Trilogie über Denkmäler in Berlin. Teil zwei mit dem Titel Wir sind die Neuen beschäftigt sich mit den Skulpturen im Schlüterhof des Berliner Schlosses. Über Skulpturen mit Nazi-Vergangenheit hatte ich vor einigen Jahren unter dem Titel Berlins braune Bronzen geschrieben.

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