Alle Beiträge·Germanien·TV und Serien

Der römische Schienenpanzer aus Kalkriese

Der römische Schienenpanzer aus Kalkriese ist die letzte intakte Römerrüstung der Welt. Sechs Jahre nach seiner Entdeckung wurde das Fundstück aus der Varusschlacht bis Ende 2023 in Kalkriese in einer Sonderausstellung präsentiert.

Eines der bekanntesten Motive der römischen Antike neben dem Kolosseum in Rom, der Toga oder der weißen Marmorstatue ist der römische Legionär mit seinem eisernen Schienenpanzer über der roten Tunika und dem großen Rechteckschild. Von Abbildungen auf Grabsteinen oder der Trajanssäule weiß man davon.

Vergrößern

IMG_8008-scaled
Der römische Schienenpanzer aus Kalkriese: Ein langer Weg vom Fund zur Ausstellung.
IMG_8020-scaled
Präsentation des Schienenpanzers aus Kalkriese in der Sonderausstellung Cold case – Tod eines Legionärs.

Ein Haufen korrodierter Eisenplatten auf einem Gestell in einer Vitrine. Und doch eine kleine Sensation. Die letzte intakte Römerrüstung hat Alexander Menden in der Süddeutschen Zeitung geschrieben. Tatsächlich ist der Fund aus Kalkriese von vor sechs Jahren das erste und bislang einzige Exemplar eines annähernd vollständigen Oberkörperschutzes der römischen Legionäre. Etwa 300 Jahre war die heute so genannte lorica segmentata im Gebrauch. Auch wenn zeitgleich das Kettenhemd in den Legionen Verwendung fand, muss es hunderttausende solcher Schienenpanzer gegeben haben.

In der Sonderausstellung Cold case – Tod eines Legionärs im Museum und Park Kalkriese wurde das restaurierte Stück aus augusteischer Zeit bis November 2023 erstmals öffentlich gezeigt. Wie der römische Schienenpanzer einmal aussah, wie er funktionierte, wo Scharniere und Riemen saßen, lässt sich auch 2000 Jahre nach der Schlacht im Teutoburger Wald an dem Fundstück gut erkennen.

Der römische Schienenpanzer aus Kalkriese war auch das Vorbild für die Rekonstruktionen, die für die Netflix Serie Barbaren angefertigt wurden. In der 2. Staffel sind sie zu sehen und ein Exemplar wird auch in der Ausstellung präsentiert. Wenn die Serie bei vielen Fachleuten auch nicht besonders gut abschnitt, die Ausrüstung und Ausstattung der Römer und Germanen kam noch am besten weg. Und kommerziell war Netflix mit der Serie durchaus erfolgreich, weshalb vielleicht noch eine dritte Staffel folgt.

IMG_8009ki-scaled
Rüstungen aus der Antike: Schienenpanzer, Kettenhemd, Schuppenpanzer und Muskelpanzer werden heute die verschiedenen Typen genannt.

In der Ausstellung mit dabei sind auch die bis zum Kalkrieser Fund einzigen Überreste eines römischen Schienenpanzer. Die lorica segmentata aus dem englischen Corbridge am ehemaligen Hadrianswall ist dabei jüngeren Typs und wie der Vergleich zeigt, ein etwas weiterentwickeltes Modell. Insgesamt wurden Schwachstellen wie die schmalen Scharniere beseitig und die Segmente des Schienenpanzers für die Schulterbereiche wurden so verändert, dass sie sich einfacher produzieren ließen. Beim danach folgenden Typ Corbridge B wurden teilweise die Lederriemen und Scharniere durch ein Haken-Ösen-System ersetzt.

Vor allem sind aber vom Corbridge Schienenpanzer sehr viel weniger Elemente erhalten. Die Teile, die für die Ausstellung als Leihgabe vom English Heritage Trust kamen, wurden 1964 zusammen mit Waffenteilen, Werkzeugen und anderen Ausrüstungsteilen in den Resten einer hölzernen Kiste gefunden.

Obwohl massenhaft hergestellt und eingesetzt, konnte der Schienenpanzer den Kettenpanzer nie verdrängen und wurde nach rund 300 Jahren wieder aufgegeben. Das Kettenhemd dagegen, das die Römer bereits von den Kelten übernahmen, überdauerte die Jahrhunderte und wurde in Europa bis in das 17. Jahrhundert von Armeen eingesetzt.

IMG_8004-scaled
Nachbildung eines Kettenhemdes (lorica hamata), das von römischen Legionären und Angehörigen der Hilfstruppen getragen wurde. Mit Aufdopplung um den Nackenbereich und Verschlusshaken.

Vom 1. Februar bis 23. Juni 2024 wird der römische Schienenpanzer aus Kalkriese im Britischen Museum in London in der Ausstellung Legion: life in the Roman army zu sehen sein.

Weiterlesen:

Hinterlasse einen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert