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Die Ara Pacis Reliefs

Die Ara Pacis Reliefs am Altar des Augusteischen Friedens symbolisieren den Machtanspruch der julisch-claudischen Dynastie und geben einen Einblick in die Patchwork-Familie des ersten römischen Kaisers Augustus.

“Als ich aus Spanien und Gallien nach erfolgreicher Tätigkeit in diesen Provinzen unter den Konsuln Tiberius Nero und Publius Quintilius (13 v. Chr.) nach Rom zurückkehrte, beschloss der Senat einen Altar des »Augustusfriedens« aus Anlass meiner Rückkehr weihen zu lassen, und zwar auf dem Marsfeld; dort sollten die Beamten, die Priesterschaft und die vestalischen Jungfrauen nach seinem Befehl alljährlich ein Opfer darbringen.” Augustus, Meine Taten (Res gestae divi Augusti), 12

Die Ara Pacis Reliefs am Altar des Augusteischen Friedens vermitteln die Botschaft, das Frieden und Wohlstand im römischen Reich dem Handeln des ersten römischen Kaiser Augustus zu verdanken sind. Zugleich ist die Ara Pacis das erste Denkmal einer öffentlichen politischen Selbstdarstellung eines römischen Herrschers und Legitimation des Machtanspruches der julisch-claudischen Dynastie. In diesem Sinne sind die Reliefs an den vier Seiten des Altars zu verstehen. Sie zeigen den Mythos der Stadtgründung Roms, die göttliche Abstammung des Augustus und geben einen Einblick in die Patchwork-Familie des ersten römischen Kaisers. Und zu Augustus Zeiten sogar in Farbe, wie die Dokumentation im Ara Pacis Museum zeigt.

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Relief an der Ostseite der Ara Pacis mit dem sogenannten Tellus-Relief.

An der Ostseite der Ara Pacis befindet sich links das sogenannte Tellus-Relief, das die Gottheit der mütterlichen Erde Tellus zwischen den Personifikationen der Land- und der Meereswinde zeigt. Andere Interpretationen gehen davon aus, dass es sich um die Darstellung der Göttin Venus, Mutter des Aeneas und Stammvater des Geschlechts der Julier darstellt oder gar um die Verkörperung der Pax Augusta, des augusteischen Friedens, nach der der Altar benannt ist. Auf der rechten Wand ist ein Fragment des Reliefs der Göttin Roma erhalten. Die Göttin wird als Amazone dargestellt und sitzt auf einer Waffentrophäe.

An der Westseite des Monuments sind zwei weitere Reliefs. Sie thematisieren den Mythos von der Gründung Roms. Auf dem kaum noch vorhandenen linken Relief werden Romulus und Remus von der Wölfin gesäugt, im Beisein des Hirten Faustulus, der sie adoptieren und großziehen wird und des Kriegsgottes Mars, der die Zwillinge mit der Vestalin Rhea Silvia gezeugt hat. Auf der rechten Seite ist das Relief zu sehen, das den bereits bejahrten Aeneas zeigt, der den Penaten opfert. Er wird er in einem Priestergewand mit bedecktem Kopf dargestellt, während er auf einem Altar eine Opfergabe darbringt.

Auf der Nord- und Südseite der Ara Pacis sind zwei dicht gedrängte Reihen von Personen dargestellt, die sich von links nach rechts bewegen, unter ihnen Priester, Beamte, Männer, Frauen und Kinder, deren historische Identität teilweise nur hypothetisch rekonstruiert werden kann. Was die Prozession darstellt ist nicht gesichert. Vielleicht den Empfang des Augustus nach seiner Rückkehr aus Gallien und Spanien oder die Weihung des Bereiches auf dem Marsfeld, auf dem der Altar errichtet werden sollte.

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Relief mit einer Prozession an der Nordseite der Ara Pacis

Die Prozessionen auf den Ara Pacis Reliefs werden von den Liktoren eröffnet. Ihnen folgen Mitglieder der höchsten Priesterkollegien, Auguren und möglicherweise Konsuln. Die Mitglieder der Familie des Augustus bilden das Ende der dargestellten Prozessionen.

Der erste Teil des Reliefs auf der Südseite ist weitgehend unvollständig, dort sind wohl mehrere Liktoren abgebildet gewesen. Dann folgt Augustus, die Toga über den Kopf gezogen, was anzeigt, dass er eine kultische Handlung ausführt. Hinter ihm gehen die vier flamines maiores, Priester mit dem charakteristischen Kopfschmuck, der von einer Metallspitze gekrönt ist. Ihnen schließt sich Marcus Agrippa an, Freund und Schwiegersohn des Augustus und ihm folgen weiter Mitglieder der Familie des Augustus.

Agrippa ist dargestellt mit vom Saum der Toga bedecktem Kopf und mit einer Pergamentrolle in der rechten Hand. Sein Sohn Gaius Caesar hält sich an den Gewändern seines Vaters fest. Gaius steht der ihm folgenden weiblichen Figur gegenüber, in der man üblicherweise Livia Drusilla, die Frau des Augustus, erkennt. Sie ist mit einem verschleierten Kopf und einer Lorbeerkrone dargestellt, was sie zu einer hochrangigen Persönlichkeit macht. Nach einer neueren Interpretation wird diese Figur jedoch als Julia, Tochter des Augustus aus zweiter Ehe mit Scribonia, gedeutet, die hier ihrem Mann Agrippa und ihrem erstgeborenen Sohn Gaius Caesar folgt.

Die männliche Figur neben Julia soll den späteren Kaiser Tiberius darstellen, Sohn der Livia Drusilla mit Tiberius Claudius Nero aus erster Ehe. Dem sogenannten Tiberius folgt eine Familiengruppe, die vermutlich aus Antonia der Jüngeren, Enkelin des Augustus und Tochter von Marcus Antonius und Augustus Schwester Octavia, Antonias Ehemann Drusus und ihrem kleinen Sohn Germanicus besteht. Nero Claudius Drusus ist das einzige Porträt in Militärkleidung, er trägt den charakteristischen Soldatenmantel. Nero Claudius Drusus war wie Tiberius ein Sohn der Livia aus ihrer ersten Ehe. Es folgt eine zweite Familiengruppe, wahrscheinlich bestehend aus Antonia der Älteren, ebenfalls eine Enkelin des Augustus und Schwester der Antonia der Jüngeren, ihrem Ehemann Lucius Domitius Ahenobarbus, Konsul im Jahr 16 v. Chr., und ihren beiden Kindern Domitia und Gnaeus Domitius Ahenobarbus, dem späteren Vater von Nero

Der Bereich der Familienmitglieder des Augustus auf dem Relief an der Nordseite des Altars des Augusteischen Friedens beginnt weitgehend gesichert mit Lucius Caesar, dem zweite Sohn der Julia, Tochter des Augustus, und ihrem zweiten Ehemann Marcus Agrippa. Hier wird er als kleines Kind dargestellt, an der Hand geführt. Bei der folgenden verschleierten Frauenfigur in der gelblichen Stola könnte es sich um seine Mutter Julia handeln, auf die sich die Blicke der Umgebung richten. Doch da man heute eher davon ausgeht, dass Julia auf dem Relief der Südseite dargestellt ist, könnte hier Augustus Ehefrau Livia Drusilla abgebildet sein.

Die Frauenfigur im blauen Gewand hinter Livia wird allgemein als Octavia die Jüngere, Schwester Kaiser Augustus, erkannt. Zwischen den beiden Frauen sticht im Vordergrund die Gestalt eines jungen Mannes hervor. Es handelt sich um den dritten Sohn von Marcus Agrippa und seiner ersten Frau Claudia Marcella der Älteren. Hinter Octavia ist die kleine Julia die Jüngere zu erkennen, eine Tochter Agrippas und Julias. Als Augustus‘ Enkelin genießt sie das Recht, unter den bei der Zeremonie anwesenden Mädchen als Erste aufzutreten. Die Informationstafeln im Ara Pacis Museum weisen die weiteren Personen als Jullus Antonius, Marcus Appuleius, Claudia Marcella die Ältere und Lucius Antonius aus. Gesichert ist das aber nicht in jedem Fall. Vor den Familienmitgliedern des Augustus schreiten Mitglieder von Priesterkollegien, Auguren und Liktoren.

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Das restaurierte Mausoleum des Augustus. Die Gestaltung der öffentlichen Plätze um das Mausoleum war im Oktober 2022 noch nicht abgeschlossen.

Ursprünglich befand sich der Altar des Augusteischen Friedens auf dem Marsfeld und bildete dort mit dem Augustusmausoleum und dem Solarium Augusti eine Einheit. Dabei war der Bau so platziert, dass der Schatten der Obeliskspitze des Solarium Augusti an Augustus’ Geburtstag über den Tagesverlauf genau auf die Mitte der Ara Pacis zuwanderte.

Im 16. und 19. Jahrhundert wurden Teile der Ara Pacis entdeckt und unter dem faschistische Regime Benito Mussolinis rekonstruierte man den Altar an der heutigen Stelle. Im Jahr 2006 wurde der bis dahin bestehende Pavillon durch den aktuellen Museumsbau ersetzt.

Ara Pacis Museum Webseite und auf Google Maps.

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