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Wieder geöffnete Glyptothek

Die Glyptothek in München ist ein unter Ludwig I. errichtetes Museum für die Sammlung antiker Skulpturen. Von 1816 bis 1830 wurde das Gebäude im Stil eines griechischen Tempels errichtet. Nach zwei Jahren Generalsanierung hat es jetzt wieder geöffnet, an der Außenfassade wird noch gearbeitet.

Durch den Saal I am sogenannten Münchner Kuros, einer archaischen Jünglingsfigur, vorbei, fällt der Blick durch den Eingang auf einen der Höhepunkte der Sammlung, den Baberinischen Faun. Faune sind Fabelwesen der antiken Mythologie. Da diese Skulptur einmal Teil der Sammlung der italienischen Adelsfamilie Barberini war, wird sie entsprechend als Baberinischer Faun bezeichnet. Dargestellt wird der Faun hier als ein junger Mann, der sich lasziv auf einem Felsen räkelt. Durch das Oberlicht in der Decke des Kuppelsaals, der an das Pantheon in Rom erinnert, fallen Sonnenlicht und die Schatten der Streben auf die Wand hinter der Skulptur. Sie stammt aus dem Ende des dritten Jahrhunderts vor Christus und wurde 1813 im Auftrag von König Ludwig I. erworben.

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Der Saal I in der Glyptothek mit dem Münchner Kuros

Eine Seitenlänge des quadratischen Innenhofes der Münchener Glyptothek bilden die Säle III, IV und V. Der Saal des Diomedes, der Saal der Mnesarete und der Saal der Eirene zeigen Marmor- und Bronzeskulpturen der griechischen Klassik. So bezeichneten und bewerteten die Römer die zwei Jahrhunderte vom Beginn der Perserkriege bis zum Tode Alexander des Großen im Jahr 323 vor Chr.

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Der Saal III in der Glyptothek mit der namensgebenden Statue des Diomedes

Der griechische Held Diomedes, der zusammen mit Odysseus eines Nachts in die Stadt Troja eingedrungen war und aus einem Tempel der Stadt das Standbild der Göttin Athena geraubt hatte, steht in der Mitte des Weges durch die Säle. Links neben ihm, Athena selbst. Nur durch den Raub der Schutzgöttin der Stadt, so die Prophezeiung, würden die Griechen die Stadt erobern können. Die Statue des Diomedes ist eine römische Marmorkopie aus dem zweiten Jahrhundert von einer griechischen Bronze aus der Zeit um 440 vor Christus. Auch der Knabe mit der Siegerbinde stammt aus dieser Epoche. Heute ist nur noch der Kopf der Bronzeskulptur erhalten. Leider auch nicht vollständig, denn die vergoldeten Lippen und die eingelegten Augen aus roten Halbedelsteinen und Silber gingen um 1800 verloren. Der Kriegsgott Ares wird als melancholisch blickender Jüngling dargestellt. Die Marmorkopf ist die römische Kopie einer griechischen Bronze aus der Zeit um 420 vor Christus. Die marmorne Grabstatue eines trauernden Mädchens mit der rechten Hand auf der Wange stammt aus Attika und wurde ca. 360 v. Chr. erschaffen. Sie steht im Saal der Mnesarete.

Athena, die Augäpfel aus farbigen Material fehlen, hat ihren Blick auf einen bestimmten Punkt hin gerichtet. Den Helm hat sie in den Nacken geschoben, wie das Krieger in einer Kampfpause taten. Die römische Marmorbüste ist der Rest einer vollständigen Marmorstatue, die als Kopie einer griechischen Bronze von 430 vor Christus angefertigt wurde. Wie das Original einmal ausgesehen hat, hat man in den Werkstätten der Glyptothek rekonstruiert. Im Innenhof der Glyptothek steht die überlebensgroße Nachbildung der Athenastatue. Hier sieht man, dass ihr Blick auf die linke Hand gerichtet war, die vielleicht eine Opferschale hielt oder eine Statuette der Siegesgöttin Nike. Die Friedensgöttin Eirene wurde 374 vor Chr. aus Anlass des Friedens der Stadt Athen mit der Rivalin Sparta geschaffen. Die Bronzeskulptur, von der hier eine römische Marmorskulptur aus der Zeit des römischen Kaisers Augustus gezeigt wird, stand einst in einem Tempel auf der Agora Athens. Das der Frieden stets vom Krieg bedroht ist, daran erinnert in der Glyptothek der Kriegsgott Ares. Eine weitere Büste von ihm aus dem ersten Jahrhundert steht versetzt neben der Statue von Eirene. Vermutlich nach einer Statue des sitzenden Gottes Mars, wie die Römer ihn nannten, aus dem Umfeld des griechischen Bildhauers Lysipp um 330 v. Christus. Ebenfalls eine römische Kopie einer griechischen Bronze aus dieser Zeit ist der Öleingießende Athlet. Dargestellt ist die Skulptur eines Sportler, der sich aus der nicht mehr vorhandenen Schale in der erhobenen rechten Hand, Öl in seine linke Hand goss, um seinen Körper vor dem Wettkampf einzusalben.

Über den Ecksaal VI mit der aktuellen Sonderausstellung Bertel Thorvaldsen und Ludwig I. – Der dänische Bildhauer in bayerischem Auftrag geht es in die Säle VII und IX mit den Giebelfiguren des Aphaiatempels. Diese frühgriechischen Giebelfiguren vom Aphaiatempel auf der Insel Ägina gelten bis heute als der größte Schatz der Glyptothek. Sie stellen den Kampf der Griechen gegen die Trojaner dar und wurden 1811 entdeckt. Die Figuren des Westgiebels gehören künstlerisch noch der Archaik an, die des Ostgiebels bereits der Frühklassik.

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Der Saal VII mit den westlichen Giebelfiguren des Aphaiatempels.

Die Schutzgöttin der Griechen, Athena, in der Mitte, davor der griechische Held Ajax (mit dem Schild) und der Trojaner Paris (mit dem Bogen). Bei den Figuren im Ostgiebel ist vorne im Bild ein griechischer Bogenschütze zu erkennen, der am anderen Ende des Ostgiebels einen trojanischen Krieger tödlich getroffen hat. Wahrscheinlich handelt es sich um Priamos, den König Trojas. Bei meinem ersten Besuch der Glyptothek habe ich von ihm schon ein Foto gemacht. Interessant sind die farblichen Rekonstruktionen der Statuen, wie sie im Liebieghaus in Frankfurt am Main gezeigt werden. Auch der Trojaner Paris ist dort in bunt zu sehen.

Der Bronzekopf der sog. Spinnerin ist eine Arbeit aus dem 19. Jahrhundert und ergänzte eine antike bronzene Gewandstatue. In der Wandnische steht die antike Statue einer Muse, ebenfalls mit Ergänzungen wie u.a. dem Kopf. Im Vordergrund auf meinem Foto ist Spes, die Göttin der Hoffnung zu sehen. Die Skulptur ist nicht antik, sondern stammt aus dem 19. Jahrhundert.

Der Saal der römischen Bildnisse, Saal XI, ist ein langer Saal, der eine ganze Seitenlänge des Innenhofes der Glyptothek einnimmt. Er liegt gegenüber den Sälen III, IV und V. In ihm werden zahlreiche Portraitbüsten und -köpfe ausgestellt. Dargestellt sind Politiker aus den Zeiten der späten Republik und der Kaiserzeit, Herrscher und ihre Familienangehörigen sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Ein erstes offizielles Herrscherbildnis wurde beim Regierungsantritt eines Kaisers geschaffen. Häufig folgten weitere Portraitvarianten zu anderen offiziellen Anlässen. Die Bildnismodelle wurden in Gipsabgüssen vervielfältigt und dienten dann als Vorlagen für Wiederholungen. Bildnisse der kaiserlichen Familie waren in jeder römischen Stadt auf öffentlichen Plätzen aufgestellt. Auftraggeber konnten neben dem römischen Senat, politische und berufsständische Organisationen der jeweiligen Stadt, auch Privatpersonen sein. Auch die Bildnisse berühmter Feldherren, Politiker und Schriftsteller waren in großer Zahl öffentlich ausgestellt.

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Der Saal XI – Saal der römischen Bildnisse

Die Büste zeigt Gaius Octavius im Alter von 36 Jahren, als ihm der römische Senat den Ehrentitel Augustus “Der Erhabene” verlieh. Das offizielle Bildnis des ersten Kaisers Roms ist in rund 150 Exemplaren überliefert, die qualitätsvollste Fassung bietet der Augustus der Glyptothek. Eindrucksvoll ist auch das Jahreszeitenmosaik. Durch den dreidimensionalen Effekt des umlaufenden Konsolenbandes wirkt das zentrale Motiv wie ein eingetieftes Becken. Rechts unten im Mosaik die Erdgöttin Tellus mit ihren Kindern, den vier Jahreszeiten. Für den Jahresverlauf steht der junge Mann mit Flügeln im Haar. Es ist Aion, die Personifikation der Ewigkeit. Die beeindruckende Statue einer Römerin zeigt eine wohlhabende Frau und stellt entweder eine Matrona, eine freie Bürgerin, oder eine freigelassene Sklavin dar, die es dann zu Wohlstand gebracht hat. Sie ist kunstvoll frisiert wie es zur Zeit Kaiser Trajans in Mode war. Auch der junge Antinoos, Protegé von Kaiser Hadrian ist hier mit einer Büste mit idealisierten Gesichtszügen vertreten. Mit nur 20 Jahren ertrank er auf einer Ägyptenreise im Nil. Entstanden ist die Büste zwischen 130 und 138 nach Christus. Kaiser Hadrian ist im Hintergrund auf dem Foto der Statue einer Römerin zu erkennen.

Der Kopf einer Römerin mit Diadem aus der Zeit zwischen 100 und 110 nach Chr. zeigt vielleicht Plotina, die Frau Kaiser Trajans. Eine mit voluminösen Strähnen angelegte und mit einer stufigen Lockenwelle versehende Frisur besitzt das Porträt eines jungen Mannes mit Lorbeerkranz. Vor dem Hintergrund des Jahreszeitenmosaiks kommen sie besonders schön zur Geltung. Eine andere Büste zeigt Kaiser Marc Aurel. Die Schriften des Philosophs auf dem Kaiserthron drehen sich um Pflichterfüllung und die Selbstbescheidung des Individuums.

Auf dem Weg zum Saal XII fällt der Blick des Besuchers gleich auf eine Statue des Gottes Apollon, der dem Saal auch seinen Namen gibt.

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Der Saal XII – Saal des Apollon

Der Apollon Barberini, hier als Gott der Musik und Anführer der Musen dargestellt, trägt im linken Arm die Kithara, ein antikes Musikinstrument. Die Statue wurde vermutlich nach dem Kultbild des Gottes im Apollontempel auf dem Palatin in Rom um die Zeitenwende unter Kaiser Augustus geschaffen. Neben ihm ist die Statue seiner Schwester Artemis ausgestellt. Artemis Braschi, Jägerin und Herrin der Tiere, wird hier eher in der römischen Version der Göttin Diana dargestellt. Das dünne Gewand, das vom Wind an den Körper gedrückt wird, verweist darauf, dass sie für die Römer auch die Göttin der Fruchtbarkeit war. Die Marmorstatue stammt aus der Mitte des ersten Jahrhunderts. Im nachfolgenden Saal steht der marmorne Frauenkopf, vielleicht der einer Muse.

Der letzte Saal in der Glyptothek und zugleich der letzte Raum vor dem Foyer mit dem Ein- und Ausgang, ist der Saal XIII mit der Skulptur Knabe mit der Gans. Ist es eine witzige oder ernste Szene, die der Bildhauer hier dargestellt hat? Auf jeden Fall war die Gruppe des Knaben mit der Gans schon in der Antike berühmt und in zahlreichen Kopien weit verbreitet. Diese hier in der Glyptothek stand einst als Brunnenfigur in der Villa der Quintilier an der Via Appia in Rom.

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Der Saal XIII mit der Skulptur Knabe mit der Gans
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Innenhof der Glyptothek mit der Nachbildung der Athena-Statue und dem Museumscafe

Informationen der Glyptothek am Königsplatz in München.

Weitere Bauwerke im Stil der Antike, die König Ludwig I. bauen ließ.

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