Wer sich für die Antike interessiert und nach Neapel fährt, besucht in der Regel Pompeji oder geht ins Archäologische Nationalmuseum. Spuren der Antike im Stadtbild sind selten. Wer genau hinschaut, findet aber welche.
Neapel ist oft Ausgangsort für den Besuch antiker Stätten um den Golf von Neapel wie Pompeji, Herculaneum, Pozzuoli, Baiae, Misenum oder zu anderen archäologischen Parks der Region. Bezüge zur Antike, insbesondere durch die Architektur der faschistischen Stadtplanung der Mussolinizeit, gibt es in Neapel einige, Überreste der Antike nur wenige. Es sei denn im Archäologischen Nationalmuseum. Wer genauer schaut, findet es aber, das Erbe Roms in Neapel.
Eine Spur Antike ist beispielsweise in den Molosiglio-Gärten zu finden. Der kleine Park ist eine angenehme Oase neben der vielbefahrenen und lauten Hauptstraße. Die Marmorsäule mit korinthischen Kapitälchen ist ein Kriegerdenkmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen italienischen Soldaten. Auf den umgebenden Steinquadern sind die Namen der Schlachten eingraviert.
Zwischen Park und Pier auf der Terrasse der Via Cesario Console steht auf einem Sockel eine Augustus-Statue vom Typ Primaporta und blickt auf die Bucht von Neapel und den Vesuv. Aufgestellt wurde die Bronzestatue 1936 bei der Neugestaltung der Uferpromenade Neapels. Ein Geschenk Mussolinis.
Der Ausblick auf Hafen und Meer, Statue und Vesuv sind ein beliebtes Fotomotiv bei Touristen. Leider ist die Umgebung in keinem guten Zustand. Müll und Vandalismus sind auch vielen Einheimischen ein Dorn im Auge.
Eine halbe Stunde zu Fuß entfernt in Richtung historisches Zentrum von Neapel steht eine weitere Statue. Sie ist keine zeitgenössische Reproduktion einer antiken Statue, sondern tatsächlich antik. Die Statue des Gottes Nil ist eine Marmorskulptur aus der Römerzeit. Zumindest ein Teil stammt aus dem zweiten oder dritten Jahrhundert, andere Elemente sind neuere Ergänzungen.
Die Skulptur stellt den Gott Nil als einen bärtigen und halbnackten alten Mann dar. Er liegt auf den Wellen eines Flusses. Zu seinen Füßen liegt ein Krokodil, das Symbol Ägyptens. Leider fehlt der Kopf. Sein linker Arm ist auf eine Sphinx gestützt, in der rechten Hand hält er ein Füllhorn. Auf der Vorderseite des Sockels befindet sich eine Marmortafel mit Hinweisen zu den Restaurierungsarbeiten aus dem Jahr 1734.
In der Kirche San Lorenzo Maggiore an der Via dei Tribunali kann man hinabsteigen in das antike Neapel. Zehn Meter unter der Kirche liegen Überreste des römischen Marktes auf dem Forum Neapolis. Sie stammen aus der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts.
Unter der Erde geht man über die antike Straße an einer Reihe von Geschäften vorbei, die unter anderem als Bäckerei und Stofffärberei identifiziert wurden. In einem weiteren Gebäude wurden Steuern gezahlt und öffentliches Geld aufbewahrt. Etwas weiter entfernt liegt ein Bereich der als Schola genutzt wurde. Der Versammlungsort der religiösen oder gewerblichen Vereinigung war mit einem Mosaikfußboden und einem Impluvium, einem Becken das Regenwasser auffing, ausgestattet. Der Zugang zum Marktbereich befand sich in der Antike auf der Decumanus Maximus, der heutigen Via dei Tribunali.
Im Norden des einstigen Forums sind heute die fast ausschließlich unter Wohngebäuden liegende Reste des römischen Bühnentheaters von Neapolis zugänglich. Direkt daneben lag ein kleineres, überdachtes Odeon. An der Piazza del Municipio gibt es antike Ausgrabungen und im Museo dell’Opera di Santa Chiara sind die Überreste der Thermen zu sehen. Im Westen von Neapel liegen Ruinen einer Luxusvilla der römischen Oberschicht.
Webseite der archäologischen Ausgrabungen von La Neapolis Sotterrata, Augustus-Statue und Nil-Skulptur auf Google-Maps.