Bauen und baden: Die Ruinen der Caracalla-Thermen in Rom sind ein eindrucksvolles Beispiel für die Baukunst der Römer und ihre liebste Beschäftigung in der Freizeit. Die Bauzeit der riesigen Badeanlage würden wir heute vermutlich nicht mehr unterbieten.
Eine der liebsten Freizeitbeschäftigungen der Römer war der Besuch öffentlicher Badehäuser. Die Thermen waren ein zentraler Ort für Erholung und soziale Kontakte. Dort konnten die Römer baden, Sport treiben, Massagen erhalten oder einfach entspannen. Neben der Körperpflege boten die Thermen auch Bibliotheken, Gärten und Speisebereiche und die Möglichkeit zu tratschen oder intellektuelle Gespräche zu führen. Mehr Wellnesstempel als Hallenbad. Zugänglich für kleines Geld, oft sogar kostenlos. Auch Frauen war der Zutritt gestattet, zu anderen Uhrzeiten oder in anderen Räumen als Männer.
Badehäuser gab es in Militärstandorten und in den Städten im Römischen Reich. Große städtische Thermen, direkt am Meer, wie im nordafrikanischen Karthago. Bäder, die heiße Quellen nutzten, wie im britannischen Aquae Sulis. Oder die vielen kleinstädtischen Badehäuser wie beispielsweise in Herculaneum. Oft waren die Gebäude großzügig mit Mosaiken, Statuen und Marmor ausgeschmückt. Die prächtigsten und größten Thermen, die Kaiserthermen, gab es in Rom. Die Caracalla-Thermen in Rom umfassten beeindruckende hohe Hallen mit verschiedenen Bereichen wie Heißbad, Warmbad und Kaltbad. Die Anlagen hatten Fußbodenheizungen und ein ausgeklügeltes System der Wasserversorgung, das von einem der zahlreichen Aquädukte der Hauptstadt gespeist wurde. Umgeben waren die Thermen von Parks und Sportgelegenheiten. Aber wo Licht ist, gibt es auch Schatten. Neben einer Thermenanlage zu wohnen, war oft mit einer ziemlichen Lärmbelästigung verbunden.





Heute sind die Ruinen der Caracalla-Thermen eine wichtige archäologische Stätte und ziehen jährlich zahlreiche Touristen an. Während in den Überresten der Diokletiansthermen heute ein Standort des Römischen Nationalmuseums beheimatet ist, dienen die Caracalla-Thermen gelegentlich als Schauplatz für kulturelle Veranstaltungen. Zur Fußball-Weltmeisterschaft 1990 traten drei bekannte Opernsänger auf, über 800 Millionen Zuschauer verfolgten das Konzert im Fernsehen. Während der Olympischen Sommerspiele 1960 wurden hier Wettkämpfe ausgetragen.

Rekonstruktionszeichnungen und Videos lassen die imposante Größe und prachtvolle Ausstattung der Caracalla-Thermen erahnen. Mit bis zu 56 Meter hohen Kuppelhallen, 250 Säulen, Mosaiken und Marmorverkleidungen und wohl über 100 Statuen haben sie sicher eine große Anziehungskraft auf die Besucher ausgeübt. Die Statue des ruhenden Herkules im Archäologischen Nationalmuseum Neapel stand einst in den Caracalla-Thermen in Rom.
Die Anlage umfassten eine Gesamtfläche von 140.000 qm, das sind fast genau 20 moderne Fußballfelder. Die Badefläche betrug 30.000 qm und bot Platz für 1.500 Personen. Noch eindrucksvoller ist die Bauleistung: bis zu 5000 Arbeiter habe die Caracalla-Thermen aus Ziegeln, Kalk- und Tuffstein und römischen Beton in nur drei Jahren gebaut und ausgestattet, wie vor einigen Jahren der Bauingenieur und Baukostenexperte Ulfert Martinsen herausgefunden hat.




Im fünften Jahrhundert sollen die Caracalla-Thermen noch vollständig im Betrieb gewesen sein, auch Reparaturen wurden unter dem ostgotischen König Theoderich der Große noch vorgenommen. Das Ende der Themen begann als im Jahr 537 bei Kämpfen zwischen Ostgoten und dem Heer des römischen Kaisers Justinian die Wasserversorgung der Thermen zerstört wurden. Im neunten Jahrhundert brachte ein Erdbeben dann einen großen Teil der Gewölbe der Anlage zum Einsturz und im sechzehnten Jahrhundert wurden für Bautätigkeiten unter Pabst Paul III. die Bausubstanz ausgeschlachtet und die Dekorationen und Statuen wie vielerorts geplündert.

Heute führen in gewisser Weise orientalische Hammams und moderne Spa-Anlagen die Badekultur und -architektur der antiken römischen Thermen fort. Solche riesigen Wellness-Tempel wie die Caracalla-Thermen hat die Welt jedoch nicht wieder gesehen. Selbst die brandenburgische Tropical Islands Spa-Landschaft in einem Luftschiffhanger, in dem ursprünglich Zeppeline gebaut werden sollten, bleibt mit ihren 10.000qm Nutzfläche weit hinter den Caracalla-Thermen zurück.
Als Wirtschaftswissenschaftler interessieren mich auch die Baukosten. Die Archäologin Janet DeLaine hat in einer vielbeachteten Studie 1992 versucht, diese zu errechnen. Um die Kaufkraft zu berücksichtigen, nahm sie als Indikator die Kosten einer Getreideration für das römische Militär und kam auf ca. 12 Millionen Einheiten (kastrenses modii). Der römische Kaiser Diokletian hatte den Preis für eine solche Getreideration auf 100 Denari festgelegt. Dementsprechend kann man – bei allen Unwägbarkeiten in den Annahmen der Kalkulationen – auf Baukosten von 1,2 Mrd. Denari bzw. 1,2 bis 3,6 Mrd. Euro kommen. Für einige Elbphilharmonien würde es reichen – oder für ein kleines Stückchen vom Bahnhof Stuttgart 21.
Die Webseite der Caracalla-Thermen in Rom und auf Google Maps.
Danke fürs Lesen. Möge Fortuna stets mit Dir sein. Hier kannst Du