Leben am Limes: Roms fließende Grenzen war eine Station der Archäologischen Landesausstellung NRW 2022 im LVR-LandesMuseum Bonn. Mit den im heutigen Bonn stationierten Legionären begann der Aufschwung der Region.
Das Legionslager Bonn war eine bedeutende Garnison der römischen Armee am Rhein. Mehr als vierhundert Jahre war hier römisches Militär stationiert. Am längsten die Legio I Minervia, die in Bonna rund 270 Jahre ihren Heimatstandort hatte. Sie war von Kaiser Domitian in Norditalien und Südfrankreich aufgestellt und direkt in Bonn stationiert worden. Das Militär und seine Soldaten hatten Kaufkraft und Bedürfnisse und das zog Zivilisten an. Die versorgten die Soldaten mit allem, was sie brauchten und wohnten in zivilen Siedlungen um das Lager oder in der Nähe.

Die Ausstellung Leben am Limes: Roms fließende Grenzen im LVR-Landesmuseum zeigte verschiedene Infanterie- und Reiterhelme. Heute nur noch durch die gepunzten Umrisslinien zu erahnen, sind die bronzenen Götter- und Tierbilder, die sich von dem silberglänzenden Weißmetallüberzug des Helmes abhoben. Die Inschrift nennt einen Soldaten der 30. Legion aus Xanten als Besitzer.
Die Gesichtsmaske gehörte zu einem Reiterhelm und wurde bei Paraden und Schaukämpfen getragen. Vielleicht auch im Kampfeinsatz. Auf der Innenseite haben sich Spuren des Lederfutters erhalten. Solche Masken wurden wahrscheinlich einheitlich durch ein Gussverfahren hergestellt und dann um die Augen-und Mundpartien für den jeweiligen Träger speziell angepasst.
Eine gänzlich individuelle Anfertigung ist der Reiterhelm. Sein einst vergoldeter Olivenkranz verweist darauf, das er einem hohen Offizier gehörte. Der Nackenschirm ist schräg und der Ohrenschutz ist nicht symmetrisch gesetzt. Der Reiter, für den dieser Helm speziell angefertigt wurde, konnte wohl nach einer Halsmuskelverletzung seinen Kopf nicht mehr gerade halten und ließ sich diesen speziellen Helm quasi als orthopädische Stütze anfertigen.






Benefiziarier waren abkommandierte Soldaten, die Polizeiaufgaben übernahmen. Sie trugen als Erkennungszeichen und der verliehenen Macht eine spezielle Lanze mit durchbrochenem Blatt. Das bronzene Medaillon mit dem Kopf einer Göttin gehörte zur Ausstattung eines Kavalleriepferdes und wurde mit anderen Gegenständen zum Schutz und Schmuck des Pferdes getragen. Die kleine bronzene Tafel ist ein Dokument über die ehrenvolle Entlassung eines Soldaten aus dem Militärdienst, ein sog. Militärdiplom. In diesem Fall gehört es dem Legionär Septimius Bubas, der schon bei Dienstantritt römischer Bürger war. Die meisten gefundenen Militärdiplome stammen aus dem Besitz von Hilfstruppensoldaten, die damit das durch den Militärdienst verdiente römische Bürgerrecht nachweisen konnten.

Wer einen gefährlichen Job macht, kann Beistand gut gebrauchen. Hilfe boten die antiken Götter, die es in großer Zahl gab und die jeweils für bestimmte Aufgaben zuständig waren. Besonders beliebt im Rheinland waren die Matronen. Die drei Göttinnen versprachen Schutz und Wohlergehen in allen Lebenslagen. In ihrem Kult mischen sich germanische, keltische und römische Elemente. Auch einfache Soldaten verehrten die Göttinnen. Zu ihnen gehörte Albanius Super, dessen Altar ein besonderes Relief trägt: Ein römischer Soldat hat einen in orientalischer Tracht gekleideten Gegner zu Boden gezwungen, der um Gnade flehend seine Hand ausstreckt. Vermutlich war der Soldat mit einer Einheit der Bonner Legion am Feldzug des Kaisers Lucius Verus gegen die Parther an der Ostgrenze des römischen Reiches beteiligt. Nach seiner glücklichen Heimkehr stiftete er aus Dankbarkeit den Matronen diesen Altar.




Die silberne Scheibe war Teil eines antiken Feldzeichens einer Hilfstruppeneinheit. Das Reliefbild zeigt einen Kaiser als siegreichen Feldherren. Es wurde im römischen Limeskastell Niederbieber gefunden. Feldzeichen führten Einheiten von der Zenturie an, über die Kohorte bis zur Legion. Sie dienten nicht nur dazu, taktische Signale an die Männer der Einheit zu geben, sondern an ihnen waren auch die militärischen Verdienste einer Einheit ablesbar und an ihnen machte sich der Stolz der Soldaten fest. Ein Feldzeichen zu verlieren war eine Schande, besonders wenn es sich um den Legionsadler, das oberste Feldzeichen einer Legion handelte.

Nach der Niederlage des Varus im Jahr 9 gegen germanische Kriegerverbände gaben die Römer die weitere Expansion in den Norden auf und zogen die Truppen an den Rhein zurück. Für mehr als 400 Jahre bildete er fortan die Grenze zwischen dem Imperium Romanum und dem freien Germanien.
Die Rheingrenze war aber kein eiserner Vorhang, die Rheingrenze war durchlässig: Menschen, Waren, Ideen und technische Innovationen wechselten von dem einen auf das andere Ufer. Aus dem römischen Imperium wurden Luxusprodukte wie verzierte Bronzegefäße, feine Gläser oder auch hochwertiges Tongeschirr, sogenannte Terra Sigillata, ausgeführt. Sie waren für die germanische Führungselite bestimmt oder dienten als Handels- oder Tauschobjekte. Als Gegenleistung boten die Germanen neben Bernstein, Metallerzen oder Baumaterialien auch Lebensmittel an. Die Kartendarstellung zeigt die Städte und Militärlager entlang des Rheins, die Siedlungen und landwirtschaftliche Betriebe, die Heiligtümer, Häfen und Brücken.




Viele der Gutshöfe waren wirtschaftlich erfolgreich. Ihre Besitzer investierten ihre Gewinne in ihre Häuser. Fußbodenheizungen, Bäder, verglaste Fenster, kostbare Wandmalereien, Mosaiken oder Marmorverkleidungen gehörten zum neuen Roman Way of Life. Auch die Haushaltswaren und Möbel waren teuer – sie bestanden aus Silber, Bronze oder Glas. Kostbarer Schmuck und Textilien aus Seide oder Kaschmirwolle spiegeln den Reichtum einiger Villenbesitzer wider. Als Grabbeigabe einer sogenannten Priesterin wurde auf dem Gelände ihrer Villa Rustica bei Borschemich ein eiserner Faltstuhl gefunden, deren originalgetreuer Nachbau in der Bonner Ausstellung gezeigt wurde.



Für mehr als 400 Jahre war der Rhein die fließende Grenze zwischen dem Römischem Reich und dem rechtsrheinischen Barbaricum. Als die fränkischen Könige in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts als neue Macht aufstiegen, war das Ende der Flussgrenze besiegelt. Die Kulturen beiderseits des Stroms waren zu diesem Zeitpunkt jedoch schon längst miteinander verschmolzen.

Leben am Limes: Roms fließende Grenzen vom 25. November 2021 bis 3. Juli 2022 im LVR-LandesMuseum Bonn. Die weiteren Standorte der Archäologischen Landesausstellung waren: Detmold, Haltern, Köln und Xanten.