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Das Archäologische Nationalmuseum in Madrid

Spanien hat ein reiches und sehenswertes römisches Erbe aus mehreren Jahrhunderten. Im Archäologischen Nationalmuseum in Madrid kann man eintauchen in die Hispano-Römische Welt der Antike.

Das Museo Arqueológico Nacional de España (MAN) in Madrid wurde 1867 von der spanischen Königin Isabel II. gegründet. Sie folgte damit dem europäischen Trend, große Nationalmuseen einzurichten, in denen die Zeugnisse der Vergangenheit des jeweiligen Landes ausgestellt wurden. Die bis dahin in verschiedenen Einrichtungen verstreuten Antikensammlungen wurden in einer einzigen großen Institution vereint. Zwischen 2008 und 2013 wurde das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, in dem das Archäologische Nationalmuseum untergebracht ist, renoviert und seine Dauerausstellung wurde neu eingerichtet.

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Das Museo Arqueológico Nacional de España (kurz: MAN) ist das spanische Nationalmuseum für Archäologie in Madrid. Es zählt jährlich etwa 500.000 Besucher und stellt Exponate auf drei Ausstellungsebenen aus.

Ein Teil der Dauerausstellung ist der römischen Zeit Spaniens gewidmet. Im Jahr 197 v. Chr. richteten die Römer auf der Iberischen Halbinsel die ersten Provinzen ein, während der Norden des Landes noch bis zur Zeit Julius Cäsars unabhängig blieb. Nach der endgültigen Eroberung war Hispanien noch mehrere Jahrhunderte lang Teil der römischen Welt bis im fünften Jahrhundert die Goten kamen.

Marmorstatuen und Büsten römischer Kaiser und ihrer Familien sowie von Angehörigen der Hispano-Römischen Oberschicht schmückten öffentliche Plätze und private Räume. Das MAN stellt zwei schöne Sitzstatuen aus. Eine von Livia Drusilla, Ehefrau Kaiser Augustus und Mutter des späteren Kaisers Tiberius und eine eben ihres Sohnes Tiberius. Außerdem eine Büste von Poppaea Sabina, der zweiten Frau des römischen Kaisers Nero. Das Foto neben ihr zeigt eine Portraitbüste des römischen Feldherren Marcus Antonius. Er war ein Gefolgsmann Julius Cäsars und bekämpfte mit Cäsars Erben Gaius Octavian die Mörder Cäsars. Später geriet er in Konflikt mit Octavian, dem späteren Kaiser Augustus, und verlor dabei sein Leben. Die TV-Serie Rom spielt vor diesem Hintergrund, während die TV-Serie Domina zeigt, wie Drusilla die Karriere ihres Mannes befördert.

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Lex Coloniae Genitiuae Iuliae: Bronzetafel mit dem Stadtrecht des antiken Urso in Spanien.

Mit Julius Cäsar und Marcus Antonius haben auch andere Ausstellungstücke im MAN zu tun. Auf mehreren Bronzetafeln sind Stadtrechte schriftlich festgehalten, z.B. die Lex Coloniae Genitiuae Iuliae, das Stadtrecht des antiken Urso in Spanien. Die Regelungen wurden von Cäsar zwischen 47 und 44 v. Chr. entworfen und Markus Antonius ließ die Aufzeichnungen später in ein Gesetz umwandeln. Veröffentlicht wurden sie auf den Bronzetafeln Jahrzehnte später zwischen 20 und 24 nach Christus. Die zweite Tafel hier erläutert in den Kapiteln 70 bis 82 unter anderem die Pflicht der Auguren und Pontifexe, in der Kolonie zu wohnen, die Ernennung von Legaten, das Verbot von Schenkungen, um Missbrauch zu vermeiden, die Zuständigkeit der Ädilen und das Verfahren für Volksinitiativen.

Das Kapitel 82 habe ich im Wortlaut übernommen von der Roman Law Library. Den kursiven Text habe ich zur besseren Verständnis ergänzt.

“In Bezug auf alle Schreiber der (beiden) Duumvire (für ein Jahr gewählte Bürgermeister) und der (vier bis sechs) Ädilen (Wahlbeamte, die öffentliche Gebäude, die Thermen, die Bordelle, die Aquädukte, die Straßen, den Verkehr, das Bauwesen und die Märkte beaufsichtigten und die Marktgerichtsbarkeit ausübten) der Colonia Genetiva Julia, die bei der Eintragung der öffentlichen Gelder und bei der Erstellung der Konten der Kolonisten eingesetzt werden: Jeder Duumvir und jeder Ädil soll, bevor die besagten Schreiber Eintragungen in die öffentlichen Rechnungsbücher vornehmen, jedem in einer öffentlichen Versammlung, öffentlich, zur Tageszeit, an einem Markttag auf dem Forum, einen Eid bei Jupiter und den Hausgöttern leisten, dass sie die öffentlichen Gelder der besagten Kolonie hüten und ohne betrügerische Absicht wahrheitsgetreu Buch führen und die Kolonie nicht in böswilliger Absicht durch falsche Eintragungen betrügen werden. Wenn ein Schreiber einen solchen Eid ablegt, soll der besagte Magistrat dafür sorgen, dass er in die öffentlichen Bücher eingetragen wird. Schreiber, die diesen Eid nicht ablegen, dürfen weder die öffentlichen Bücher abschreiben, noch erhalten sie das Geld oder den Lohn, der für diesen Dienst üblich ist. Magistrate, die diesen Eid nicht leisten, werden mit einer Geldstrafe von 5.000 Sesterzen (öffentliche Ämter waren unbesoldete Ehrenämter und wurden üblicherweise von wohlhabende Römer mit einem Vermögen von mehr als 400.000 Sesterzen bekleidet) belegt und können nach diesem Gesetz von jedermann nach Belieben auf diesen Betrag verklagt und belangt werden.”

Weitere Büsten im MAN zeigen wohlhabende Römerinnen und Römer. Die Bronzebüste aus dem frühen ersten Jahrhundert ist die Darstellung eines Mannes, der einer der ersten Magistrate des Gemeinderats von Termantia (heute Tiermes) gewesen sein könnte. Zur Zeit des Kaisers Tiberius wurde der Ort zum römischen Municipium erklärt.

Ebenfalls zum römischen Lebensstil gehörten Gladiatorenkämpfe, Theateraufführungen und Wagenrennen. Diese Unterhaltungen wurden regelmäßig und kostenlos zu Ehren des Kaisers oder der Götter angeboten. Herrscher und Bürger der Oberschicht finanzierten und organisierten diese Veranstaltungen, um persönlich voranzukommen und ihre privilegierte Stellung zu rechtfertigen. Besonders populär waren die Wagenrennen. Im MAN sind drei Mosaiken zu sehen, auf denen siegreiche Wagenlenker aus verschiedenen antiken Rennställen dargestellt sind.

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Mosaik mit einer Quadriga aus dem Rennstall der "Grünen" aus dem dritten Jahrhundert. Besonders kommt es auf das Pferd auf der linken Seite an, das für die enge Kurve um die Spina, das riskanteste Manöver des Rennens, verantwortlich ist.

Auf dem linken Mosaik, ebenfalls wie die anderen aus dem dritten Jahrhundert, ist eine Quadriga der factio russata, der “Roten” zu sehen. Der Fahrer der roten Mannschaft hat das Rennen gewonnen hat und hält einen Palmwedel als Symbol des Sieges in der Hand. Das rechte Mosaik zeigt ein Motiv, in dem das blaue Team das Rennen gewonnen hat. Der Fahrer dreht noch eine Ehrenrunde und hält den Palmwedel des Siegers in der Hand. Der Iubilator grüßt den Sieger und der Sparsor bereitet sich darauf vor, die Pferde zu tränken.

Schon in der Antike ging es im Sport um viel Geld: Siegesprämien, Wettgewinne, Einnahmen aus dem Verkauf von Merchandising-Produkten. Ein Wagenlenker namens Gaius Appuleius Diocles, der zwischen 122 und 148 für mehrere Rennställe in Rom fuhr, soll in Laufe seiner Karriere die sagenhafte Summe von 35 Millionen Sesterzen eingefahren haben. Damit hätte man über 30.000 Legionäre ein Jahr bezahlen können. Auch mit Wetten ließen sich Tausende von Sesterzen gewinnen.

Die vier Rennställe, nach dem Ort der Wagenrennen, dem Circus, Zirkusparteien genannt, hatten Niederlassungen in vielen Städten des römischen Reiches und mitgliederstarke Fanclubs. Sie nahmen Einfluss auf die Politik und waren wohl auch sozial aktiv. Regelmäßig kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Zirkusparteien.

Noch mehr Elemente des römischen Lebensstiles zeigen die anderen Räume im Archäologischen Nationalmuseum. Zum Beispiel die großen Bodenmosaike. Das vordere zeigt geometrisches Muster um ein Anagramm. Es stammt aus dem vierten Jahrhundert und schmückte einst das Triclinium (Speisesaal) einer römischen Villa und wurde von Mosaikkünstlern aus Nordafrika geschaffen. Das hintere Mosaik zeigt die sogenannten Mühen des Herkules. Dabei handelt es sich um zwölf Aufgaben, die der griechische Heros lösen musste. Das Mosaik stammt aus dem dritten Jahrhundert.

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Römische Mosaike aus dem dritten und vierten Jahrhundert

Spanien hat ein überaus reiches und sehenswertes römisches Erbe. Dazu zählt u.a. die einstige Hauptstadt der Provinz Hispania Citerior, später Hispania Tarraconensis, Tarracco, das heutige Tarragona in der Nähe von Barcelona, ebenso Merida im Südwesten Spaniens. Die Stadt wurde im Jahre 25 v. Chr. als Emerita Augusta von Kaiser Augustus als Kolonie für seine Veteranen gegründet. In Segovia bei Madrid steht ein römisches Aquädukt von beeindruckender Größe und Schönheit und in La Coruna ein römischer Leuchtturm des früheren Brigantium, der immer noch in Betrieb ist. Und die bedeutendste erhalten gebliebene römische Brücke überspannt den Fluß Tejo nahe der Grenze zu Portugal.

Im Jahr 2014, als das Archäologische Nationalmuseum in Madrid nach der Renovierung wieder eröffnet wurde, war ich bereits einmal im MAN.

Museo Arqueológico Nacional de España – Webseite und auf Google-Maps

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