Für mich schiebt sich Those About to Die auf Platz zwei meiner Lieblingsserien über die Römerzeit und verdient eine klare Empfehlung für alle Freunde der Antike und die, die es werden wollen. Warum, schreibe ich hier.
In der neuen TV-Serie Those About to Die (seit 19.7.2024 bei Amazon Prime Video) geht um soziale Aufsteiger. Um Menschen, die aus ihrem gewohnten Leben gerissen werden. Und um Menschen, die denken, es gibt schon zu viele soziale Aufsteiger und die Dinge sollten so bleiben, wie sie sind und schon immer waren. Kurz gesagt, es geht um die zeitlose Geschichte von Gewalt, Aufstieg und Niedergang. Die Serie spielt im antiken Rom des ersten Jahrhunderts im Milieu der großen Unterhaltungstempel, dem Circus Maximus mit seinen Wagenrennen und dem neuen flavischen Amphitheater mit seinen Gladiatoren- und Tierkämpfen.
Den Unterhaltungswert der Serie Those About to Die finde ich hoch. Die erste Staffel ist spannend und die Spannung steigt nach den ersten Folgen. Der Anfang schwächelt etwas, aber am Ende, so ging es mir, bedauert man, dass die zehn Folgen schon zu Ende sind und freut sich auf die Fortsetzung. Das ist doch schon eine ganze Menge.
Die historische Genauigkeit ist für mich in Ordnung, soweit ich das beurteilen kann. Die Römer haben ihre Toten nicht innerhalb der Stadtmauern begraben, was ein oder zweimal so dargestellt wird. In einer anderen Szene steht im Hintergrund eine Büste des Kaisers Caracalla, der erst hundert Jahre später gelebt hat. Stimmt, ist falsch, aber auch die passendere Büste z.B. der Flavia Domitilla, der verstorbenen Frau von Vespasian hätte keinen Unterschied gemacht. In einer Folge regnet es Asche vom Himmel, der Vesuv ist ausgebrochen und verschüttet die Stadt Pompeji. Zeitlich passt das, Vespasian ist bereits tot und sein Sohn Titus ist römischer Kaiser. Das aber der Aschenregen über 250 Kilometer bis nach Rom getragen wurde, ist doch unwahrscheinlich. Die vier Rennställe, die Fraktionen, bestanden zur Zeit der Flavier nicht schon Jahrhunderte, sondern wohl eher hundert Jahre. Dass der Adel an den Einnahmen aus dem Amphitheater beteiligt werden wollte und gegen die Flavier konspirierte, ist zumindest nicht bekannt. Those About to Die ist aber auch keine Dokumentation und für die Story der Serie ist das plausibel. Das gleiche gilt für die Ereignisse der letzten Folge und das Ende der ersten Staffel.
Was die Charaktere der Serie angeht, steht natürlich Tenax im Mittelpunkt. Die Serie gibt dem Kleinkriminellen, der es aus der Gosse und der Halbwelt nach oben schaffen will, viel Raum. Er betrügt und tötet bedenkenlos, hat aber auch – ab und an – ein gutes Herz und gibt Kindern etwas zu essen. Die müssen für ihn aber auch Botendienste und andere Aufgaben erledigen. Domitian, der jüngere Sohn Kaiser Vespasians kommt so unsympathisch rüber, wie ihn die Geschichtsschreibung darstellt. Ein korrupter Narziss und Psychopath. Die einzig überwiegend positive Figur der Serie ist Cala. Eine Nordafrikanerin, die in Rom versucht, ihre versklavten Kinder zu befreien. Zimperlich ist sie dabei auch nicht. Mal sehen, wie sich die Figur der Antonia, Gattin eines Konsuls, entwickelt. Ihr Mann überlebt die erste Staffel nicht. Vielleicht gibt ihr das zu denken.
Mehrmals habe ich in Kritiken zur Serie über die schwachen und flachen Charaktere in Those About to Die gelesen. So schrieb jemand: “Dass man zwei der drei spanischen Pferde-Brüder nach acht Folgen immer noch nicht unterscheiden kann (und den dritten nur wegen seines Barts), liegt nicht nur an ihrer Ähnlichkeit, sondern vor allem an ihrer schwachen Charakterzeichnung.” Stimmt schon ein bisschen, aber am Ende der ersten Staffel sind zwei der drei Brüder ohnehin tot, und dann stellt sich das Problem nicht mehr. Insgesamt gibt es jedoch einige Charaktere, die die Story nicht braucht und die ihr auch keine Tiefe geben. So wie eine Figur aus der Vergangenheit von Tenax. Sie taucht auf, macht Ärger, stirbt. Vielleicht hätte man den Handlungsstrang eher in die Rivalität der Circusfraktionen einbauen können, anstatt in eine isolierte Erzählung.
Die Kostüme in Those About to Die sehen gut und authentisch aus. Tuniken aus rauen Stoffen bei den einfachen Leuten. Farbenfroher und edler bei den Patriziern. Die Muskel- und Schienenpanzer der Prätorianer und Legionäre passen auch, die Schilder sind – wie häufig – zu kurz. Die Kulissen sind oft detailreich und ohne offensichtliche Fehler. Die Ausstattung der Räume mit Malereien, Büsten, Alltagsgegenständen ist schön anzuschauen. In einem Atrium steht die Skulptur des Faun, die man aus Pompeji kennt. Bei 140 Mio. Euro Produktionskosten muss das aber auch drin sein. Gedreht wurde die Serie in den Filmstudios Cinecitta in Rom. Wer darauf achtet, erkennt einige Kulissen zum Teil aus anderen Serien wie Rom oder Domina. Das schadet aber nichts. Teilweise sind die Kulissen auch digital auf einem Greenscreen erzeugt. Oft ist das gelungen, manchmal wirkt es etwas künstlich.
Am Ende der ersten Staffel ist das neu gebaute Kolosseum fertig. Hier stellt sich manchmal der komische Effekt ein, dass von außen oder nach oben gefilmt, das Amphitheater riesig erscheint. Wenn die Kamera von den Zuschauerrängen in die Arena gerichtet ist, wirkt sie sehr klein. Wer die Ruinen des Kolosseums in Rom besucht hat, dem fällt auf, dass die Proportionen nicht passen. Die Kämpfe der Gladiatoren sehen ganz gut aus, ebenso die Rennszenen der Wagenlenker im Circus Maximus. Die Ausmaße und die Ausstattung des Circus sind schon beeindruckend dargestellt. Die Szenen der Wagenrennen sind gut, aber auch nicht viel besser als z.B. in der Neufassung von Ben Hur aus dem Jahr 2016.
Mein persönliches Fazit zur ersten Staffel von Those About to Die: Die Antike ist eine Welt der Gewalt, in der man sehen muss, dass man überlebt. Gleichzeitig ist Rom die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten und lockt viele Menschen an. Die einen ziehen freiwillig dorthin, die anderen nicht, werden dann aber von der Stadt in ihren Bann gezogen. Eine historische Periode, die die westliche Welt tief geprägt hat und die heute noch viele Menschen fasziniert. Für mich schiebt sich Those About to Die auf Platz zwei meiner Lieblingsserien über die Römerzeit und verdient eine klare Empfehlung für alle Freunde der Antike und die, die es werden wollen.
Rom, 2005
Those about to Die, 2024
Spartacus: Götter der Arena, 2011
Domina, 2021
Barbaren, 2020
Titelbild von links nach rechts: Titus, gespielt von Tom Hughes. Kaiser Vespasian, gespielt von Anthony Hopkins und Domitian, gespielt von Jojo Macari.
Danke fürs Lesen. Möge Fortuna stets mit Dir sein. Hier kannst Du
Ich kann das nur bestätigen… nach der ersten Folge war ich noch der Meinung ok, geht so aber es wurde tatsächlich schnell sehr spannend. Ich finde die Details der Stadt sehr gut umgesetzt (z.b. Gladiatorenarena vor dem Colosseum) und freue mich schon auf die nächste Staffel.
Vielen Dank fürs freundliche Feedback. Hoffentlich kommt sie bald, die nächste Staffel!